Geschichte Der revolutionäre Friedrich Engels in Elberfeld

Eine Führung des Historischen Zentrums zeigt auf, wer ihn umgab und wie Wuppertal ihn prägte.

Die Stadtführung zu Friedrich Engels in Elberfeld am Sonntagnachmittag war gut besucht.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Mit oder ohne Maske? Die Frage muss geklärt sein, bevor die Stadtführung „Der revolutionäre Friedrich Engels in Elberfeld“ losgehen kann. Karin Hockamp und Falk Paysen, beide Stadtführer des Historischen Zentrums, beraten sich kurz. Mit Mundschutz, empfiehlt Paysen den 15 Neugierigen, die sich am Sonntagnachmittag auf dem Laurentiusplatz versammelt haben. Besser so, denn beim Gang durch die belebte City lässt sich der Anti-Corona-Sicherheitsabstand kaum durchhalten.

Sobald sich die Teilnehmer maskiert haben, werden sie auf zwei Gruppen verteilt – und die Guides kümmern sich um die grundlegende Frage: Wie haben Elberfelder Verhältnisse den Fabrikantensohn aus Barmen geprägt? Aus gutem Grund führt Hockamp ihre Gruppe zur Gedenkplakette für Johann Gregor Breuer, die neben der Laurentiuskirche hängt. Mit Engels teilt er nicht nur das Geburtsjahr 1820, sondern auch das soziale Engagement. Das Ziel des Katholiken Breuer, so Hockamp, war es, „seine Schäfchen von der Straße zu holen.“ Seine Aktivitäten ebneten dem Kaplan Adolph Kolping den Weg, der in Elberfeld den katholischen Gesellenverein leitete.

Was Engels von Kolping & Co. unterschied, war die frühe Rebellion gegen das fromme Elternhaus. Außerdem herrschte im Gymnasium zu Elberfeld, das der Teenager besuchte, nicht der gewohnt pietistische, sondern ein liberaler Geist. Weiter geht es in die Grünstraße, wo einst das Gymnasium stand. An dieser Station zitiert Hockamp aus einem Zeugnis, das dem 14-Jährigen „eine beunruhigende Gedanken- und Charakterlosigkeit“ attestiert.

Ein aufmerksamer Beobachter auch aus der Entfernung

Ein ungerechtes Urteil, wenn man sieht, dass sich Engels fleißig bildete und Unmengen an Büchern und Zeitschriften las. Noch als Gymnasiast wurde er Mitglied des „Elberfelder Literaturkränzchens“. In diesem Kreis trug man nicht bloß Gedichte und Geschichten vor – politische Diskussionen waren nicht weniger wichtig.

Engels senior wurde es schließlich zu bunt. Er nahm seinen Sohn ein Jahr vor dem Abitur von der Schule und schickte ihn in eine Kaufmannslehre. Zur Ausbildung musste er nach Bremen. Dort wurde der junge Skeptiker ausgerechnet „bei einem Pastor einquartiert“, erläutert Hockamp – und ein deutlich hörbares Schmunzeln geht durch die Runde.

Doch auch aus der Entfernung blieb Engels ein aufmerksamer, ja scharfzüngiger Beobachter der heimatlichen Verhältnisse. Davon zeugen seine „Briefe aus dem Wuppertal“, die der Kaufmannslehrling unter Pseudonym veröffentlichte. Da habe der Löwe zum ersten Mal seine Pranke gezeigt, beschreibt es die Stadtführerin. Diese Spottlust ziehe sich durch sein schriftstellerisches Werk. „Marx und Engels hätten nie einen Preis für politische Korrektheit bekommen.“ Hockamps Bilder und Vergleiche verfehlen ihre Wirkung nicht. „Sie machen das sehr gut“, heißt es aus der Gruppe. „Es macht Spaß mit Ihnen.“

Auf der Plakette, die an den Elberfelder Aufstand im Mai 1849 erinnert und die zwischen Wall und Herzogstraße im Boden eingelassen ist, könnte mit einigem Recht auch der Name Friedrich Engels stehen. Um den Kampf von Handwerkern und Arbeitern gegen preußisches Militär zu unterstützen, kommt er von Köln herüber und dient der Revolution einige Tage als „Barrikadeninspektor“ der Stadt.

Über das Wissen, das Stadtführerin Hockamp einbringt, kann Gundula Klinger nur staunen. Die Augsburgerin ist „gezielt wegen Engels“ nach Wuppertal gekommen. Am Samstag hat sie die Stadtführung zu Herkunft und Familie in Barmen mitgemacht. Den Sonntag hat sie für den Rundgang durch Elberfeld reserviert.