Hochwasser Wupperfluten verwüsten Wohnungen in der Kohlfurth
Kohlfurth · Die Kohlfurth ist seit den Überschwemmungen von der Stromversorgung abgeschnitten und auf privat beschaffte Aggregate angewiesen. Einige Bewohner sind daher weder auf die Stadt noch auf die Versicherungen gut zu sprechen.
„Wir halten zusammen!“ So steht es an einem Transparent am Rande der Kohlfurther Brücke, einer Straße, an deren Seitenrändern Menschen damit beschäftigt sind, ihre unbrauchbar beschädigten Wohnungseinrichtungen aufzutürmen, und wo die Räumungsfahrzeuge der WSW dabei sind, die Verkehrswege vom Schlamm zu reinigen. Der ist nämlich ein weiteres Überbleibsel des „Jahrtausendregens“ vom Mittwochabend und droht bei warmem Wetter betonhart zu werden. Weshalb man auch die im Laufe des Samstages immer stärker heraustretende Sonne mit einiger Skepsis betrachtete.
Bilder aus der Kohlfurth, einem Ortsteil in unmittelbarer Wuppernähe, der besonders hart von den nicht mehr beherrschbaren Fluten von oben betroffen ist. „Einen knappen Meter hoch stand hier das Wasser in den Erdgeschosswohnungen“, zeigt Nina Kalski, während nebenan das ausgeliehene Strom-Aggregat rattert, ist die Kohlfurth doch seit der Schreckensnacht vom 14. auf den 15. Juli von der Stromversorgung abgeschnitten und auf privat beschaffte Aggregate angewiesen.
„Mein Mann hat mit dem Kanu alte Menschen gerettet und auch die total verstörten Kinder in Sicherheit gebracht“, erzählt die junge Mutter, während Anwohner Andrea Aleo durch den Schlamm auf dem Hof watet und auf die einstigen Wohnräume und an den leeren Wänden die Markierungen zeigt, die die braune Brühe hinterlassen hat. Anerkennend meint der arg Geschädigte: „Man kann froh sein, dass man Freunde hat, die mit anpacken und einem auch Geräte wie das Strom-Aggregat zur Verfügung stellen.
Ja, am Mittwochabend hatte man noch, während draußen der Regen rauschte, gemütlich im Fernsehsessel auf den flachen Großbildschirm geschaut. Sessel, Sitzgarnituren, Schranktüren und –wände, die Fernsehgeräte, Tische und Stühle. All das wurde innerhalb weniger Minuten, in denen der Pegel der Wupper nach dem Überlaufen der Talsperren schnell zu steigen begann, zu Sperrmüll, der sich am Wochenende an den Straßenrändern türmt und auf Entsorgung wartet. Die AWG hat angekündigt, den Müll in Sondertouren zu entsorgen.
Die komplette Einrichtung
ist ein Fall für den Sperrmüll
„Schlafzimmer, Wohnzimmer, die Badeinrichtung, die Einrichtung in unserer Party-Hütte alles ist hin“, sagt Raphaela Geisler-Wirth aus Hausnummer 55 verzweifelt. Unmittelbar neben dem gleichfalls schwer betroffenen Straßenbahnmuseum (WZ berichtete), wurde doch das gesamte Mobiliar nach der erst kürzlich erfolgten Haussanierung neu angeschafft.
Jedoch hat sie, wie etliche Kohlfurther, aber wenigstens eine Bleibe im Obergeschoss gefunden und freut sich über helfende Hände der Freunde von außerhalb: „Die helfen hier mit und nehmen beispielsweise die total verschmutzte Wäsche auch mit und waschen sie bei sich zuhause.“
Praktisch vor dem Nichts steht Michael Sladek von gegenüber: Sein kleines Unternehmen MSM, das sich auf Kfz-Reparaturen und Motorradtechnik spezialisiert hat, wurde ein Opfer der Wupperfluten. „Das gesamte Inventar der Werkstatt wurde zerstört, Kundenfahrzeuge standen unter Wasser. Meine Existenz ist vernichtet“, so Sladek, der versucht, zusammen mit etlichen fleißigen Helfern, auch der Schlammmassen in der Werkstatt und den anliegenden Garagen Herr zu werden. Die Frage nach Entschädigungen durch Versicherungen entlockt ihm nur ein müdes Lächeln.
Nach Starkregen 2018 wurden Versicherungen gekündigt
Und von Bernd Seipenbusch von WSW-Netz ist zu erfahren, dass die Versicherungen nach dem Starkregen 2018 beispielsweise an die Kohlfurther noch gezahlt, danach aber die Verträge gekündigt hätten. „Die Menschen hier sind jetzt natürlich in einer verzweifelten Lage.“
WSW-Netz ist vor Ort macht aber wenig Hoffnung, dass die Stromversorgung in Kürze wieder gewährleistet sein wird. „Da ist noch kein Licht am Horizont zu sehen“, so Seipenbusch, und erklärt am Samstagmorgen: „Wir müssen erst abwarten, bis die Feuerwehr alle Keller leergepumpt hat. Und die haben noch reichlich zu tun.“
Ein weiteres Problem sind die Kohlfurther, die nach dem Regeninferno ihre Häuser mit unbekanntem Ziel verlassen haben. „Wir müssen auch in deren Häuser. Erst dann kann der Strom wieder fließen.“
Da hakt Olaf Roth ein, der in der Straße Am Jakobsberg ebenfalls unmittelbar neben der Wupper wohnt. „Diese Krise hätte man seitens der Stadt besser managen müssen. Ich kann den Menschen, die sich nach dem Unwetter eine andere Bleibe gesucht haben, keinen Vorwurf machen. Da hätte die Stadt die Bewohner rechtzeitig informieren müssen, dass der Strom hier nur wieder fließen kann, wenn die Häuser zugänglich sind“, sagt Roth, der auch darauf hinweist, dass man die Beschaffung von Stromaggregaten nicht allein den Bürgerinnen und Bürgern der Kohlfurth überlassen hätte dürfen.
Misslichkeiten und Schwierigkeiten, die die Bewohner der Kohlfurth jedoch nicht resignieren lassen. Allen war anzusehen, dass sie fest entschlossen sind, den Alltag so schnell wie möglich wieder einkehren zu lassen. „Wir halten zusammen“, heißt es am Straßenrand auf dem Transparent, und eine Bürgerin hatte auch an die Helfer gedacht, die zwischendurch auch mal „Päuschen“ und Stärkung benötigen. Auf dem Dach ihres Autos servierte sie dampfenden Kaffee in Bechern.