Auf Streife mit Nele Ernst Im Großeinsatz sitzt jeder Handgriff
Wuppertal · Polizistin Nele Ernst berichtet von ihren Erlebnissen auf Streife in Wuppertal.
In der vergangenen Woche hat sich mein bisher schlimmster Einsatz, seitdem ich in Wuppertal Dienst versehe, ereignet. Mein Kollege und ich erhielten zunächst sehr wenige Informationen, da der Mitteiler nur schlecht Deutsch sprach. Wir wussten lediglich, dass eine betrunkene Person irgendwo am Stationsgarten in Vohwinkel mit dem Gesicht Richtung Boden liegen soll. Mit diesen Hinweisen machten wir uns auf die Suche.
Kurze Zeit später fanden wir die Person am Boden auf dem Bauch liegend vor – und zwar in einer großen Blutlache. Sofort forderten wir einen Rettungswagen an. Es sah so aus, als hätte die Dame stark blutende Kopfverletzungen. Sie war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ansprechbar. Die Ursache für diese Verletzungen war anfangs noch unklar, sodass wir vom Schlimmsten, einem Gewaltdelikt, ausgehen mussten.
Während sich mein Kollege um die Koordination nachfolgender Kräfte (sowohl vom Rettungsdienst als auch von weiteren Kollegen der Polizei) kümmerte, versuchte ich immer wieder, die Dame anzusprechen und ihr so gut wie möglich Beistand zu leisten. Kurz darauf traf auch schon der Rettungswagen ein. In Zusammenarbeit mit den Rettungskräften fand dann unmittelbar die Erstversorgung der Frau statt. Eine Notärztin befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits auf der Anfahrt zum Unglücksort. Eine Sanitäterin sagte zwischenzeitlich zu mir, dass die Dame möglicherweise versterben könnte.
Nebenbei trafen nach und nach weitere Streifenwagen ein, um mit der Sachverhaltsklärung fortzufahren. Die gesamte Örtlichkeit war mit Blaulicht, Polizisten und Rettungskräften geflutet und trotz der ganzen Hektik wusste jeder, was zu tun ist. Jeder Handgriff hat gesessen. Nach und nach wurde dann klar, dass ein Gewaltdelikt ausgeschlossen werden kann. Die Frau war gestürzt. Zwar nur aus einer geringen Höhe, aber dabei so unglücklich aufgekommen, dass sie sich die starken Verletzungen zuzog. Nach der Erstversorgung durch die Notärztin und die Rettungskräfte, wurde sie ins Krankenhaus verbracht, wo sie hoffentlich ganz bald wieder vollständig gesund wird.
Kurz nach diesem schlimmen Vorfall ließ der nächste Einsatz nicht lange auf sich warten. Erfreulicherweise handelte es sich dabei um ein weniger dramatisches Ereignis. Eine Person, offensichtlich ohne eigenen Wohnsitz, hat sich Zugang zum Flur eines Mehrfamilienhauses verschafft. Dort klingelte er nun an jeder einzelnen Tür und wollte hineingelassen werden. Am Einsatzort angekommen, konnten wir die Person auch im Hausflur antreffen. Sie sprach kein Wort Deutsch, war betrunken und reagierte aggressiv auf meinen Kollegen und mich.
Um Ausweispapiere zu finden, wurde die Person von uns durchsucht, wobei die Person plötzlich um sich schlug und sich massiv sperrte. Gemeinsam konnten wir Handfesseln anbringen und die Person fixieren, doch weder die Personaldokumente noch unsere internen Informationssysteme gaben Aufschluss über einen bestehenden Wohnsitz der Person.
Es war fest damit zu rechnen, dass sie einen Schlafplatz in fremden Wohnungen suchte und dies auch über die kommende Nacht fortführen würde. Somit entschlossen wir uns dazu, die Person unserem Gewahrsam zuzuführen.
In einem anderen Einsatz fiel uns ein Betrunkener auf. Diesmal war die Person aber auf einem Fahrrad unterwegs und ist uns dabei vor den Streifenwagen gefahren, sodass es zu einem Unfall hätte kommen können, wenn meine Kollegin nicht so gut auf das plötzliche „Hindernis“ reagiert hätte. Da es auch beim Führen von Fahrrädern eine Alkoholgrenze gibt, kontrollierten wir die Person natürlich. Das Ergebnis des Alkoholtests ergab mehr als zwei Promille. Deutlich zu viel, um am Straßenverkehr teilzunehmen.
Wir nahmen die Person mit auf die Wache, um durch einen Arzt eine Blutprobe nehmen zu lassen, welche für das anstehende Gerichtsverfahren von Bedeutung ist. Auch der Führerschein wurde beschlagnahmt. Über das Ergebnis des Verfahrens wird nun ein Richter entscheiden.