In der Mikrowelle ist die Welt eine Scheibe

Studierende aus Wuppertal und Saarbrücken zeigen Groteskes im Neuen Kunstverein.

Foto: Stefan Fries

Wuppertal. Fabelwesen und eine Installation mit Wimperngeklimper einer Puppe, DNA-Porträts von Töchter und Müttern zeigen verblüffende Doppelgesichter, Figuren aus schwarzem Blätterteig in „Herculaneum“ erinnern an den Ausbruch des Vesuv im Jahr 79 n. Chr.

Grotesk wirken die 20 Werke im Neuen Kunstverein, und genau das sollen sie auch. Kunst und Architektur treffen in dem gemeinsamen Ausstellungs-Projekt „Grtsk“ von Studierenden aus Wuppertal und Saarbrücken aufeinander. „Unsere Alltagskultur und die Werbung funktionieren am besten, wenn sie grotesk sind. Schauen Sie sich Lady Gaga oder einen Film von Quentin Tarantino an“, sagt Matthias Winzen, Professor für Kunstgeschichte in Saarbrücken.

Seit langem kennt er Heinrich Weid, Architektur-Professor in Wuppertal, daraus ist dieses Fakultäten-übergreifende Projekt entstanden. „Wir haben hier etliche Positionen, mit denen die Architekten ihr Berufsbild kritisch hinterfragen“, sagt Weid und weist auf Anica Freeses Foto-Animation „House Walk“. Sie lässt eine Barbiepuppe, bei der sie die obere Hälfte durch ein Kastenhaus ersetzt hat, durch einen Gang stolzieren.

In der Kunst ist die Groteske schon lange zuhause — bereits in der Antike gab es bizarre Mischwesen aus Mensch und Tier oder Mensch und Pflanze — „das beherrscht uns bis heute“, sagt der Kunsthistoriker Winzen. Seine Studierenden seien vom eigenen Leib ausgegangen: „Wie viel Tier bin ich eigentlich?“ Dieser Leib wohne ja irgendwo, der Körper bewege sich im Raum — schon sei man bei der Architektur.

Wie ein Himmelbett präsentiert sich „(f)liegen“: Zwei mit Folie überzogene Matratzen liegen in einem Holzgestell, statt in ein Baldachin schaut der Betrachter von unten auf eine mit Folie verspiegelte Stadt mit vielen Häusern und Straßen. Architekturstudent Lucas Moergele, der das Objekt mit zwei Kommilitonen entworfen hat, sagt: „Unsere Ausgangsidee war: Man guckt in eine Stadt rein, und die Stadt reflektiert diesen Blick.“

Gebaut ist die Stadt aus alltäglichen Verpackungen, dennoch wirkt sie futuristisch. „Unser Entwurf war natürlich zweidimensional. Wir wollten die Collage aber in 3D haben, und der Mensch sollte auch noch hinein“, sagt Moergele.

„Die Welt ist eine Scheibe“ behauptet Yannik Malmes mit seiner Installation: In einer Mikrowelle liegt eine Pizza, auf der adrette Häuschen stehen — ein schönes Sinnbild für konfektionierte Fast-Food-Architektur, die dennoch manchen das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt.