Inklusion: Uni zeigt Stand der Forschung

Bei der sechsten Internationalen Inklusionskonferenz in Wuppertal sprachen Forscher aus elf Ländern über Schwierigkeiten und Lösungen.

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Erst kürzlich wurde in den Medien berichtet, wie die Schulleiterin eines Bremer Gymnasiums vor dem Verwaltungsgericht gegen die Einrichtung einer Inklusionsklasse an ihrer Schule klagte. Die Klage wurde abgewiesen, zeigt jedoch deutlich, dass auf dem Weg hin zu einer Gesellschaft, in der Inklusion etwas völlig Normales ist, noch viele Hürden zu nehmen sind. Und dabei betrifft sie nahezu jeden. Ob im Raum Schule, als Lehrkraft, Schüler oder Elternteil eines Schulkindes mit oder ohne Behinderung, im Uni- oder Arbeitsleben: Menschen mit Behinderung werden, so jedenfalls die Bemühungen, immer besser integriert, um nicht weiter gezwungen zu sein, abseits der Gesellschaft zu leben.

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Damit die Begegnung mit dem „Fremden“, der körperlichen oder geistigen Einschränkung des Gegenübers den Einzelnen nicht überfordern, ist es wichtig, schon „von Kindesbeinen an den respektvollen und toleranten Umgang mit Diversität zu erlernen“. „Inklusion ist eine riesige Chance Kinder zu sozialisieren und so auf lange Sicht auch die Demokratie zu stärken“, so Prof. Dr. Friedrich Linderkamp, Professor für Rehabilitationswissenschaften am IfB der Bergischen Universität.

Am 13. und 14. Juli veranstalteten das Institut für Bildungsforschung in der School of Education an der Bergischen Universität (IfB) in Kooperation mit dem Zentrum für empirische Inklusionsforschung (ZEIF) und der University of Massachussetts Amherst dazu die 6. Internationale Inklusionskonferenz an der Uni Wuppertal. Wissenschaftler aus elf Ländern kamen hier zusammen, um ihre aktuellen Forschungsstände zu präsentieren und zu diskutieren.

Dabei wurde nicht verschwiegen, dass Inklusion auch eine Herausforderung ist, sowohl für die Politik, als auch für die Lehrkräfte, die letztendlich in den Inklusionsklassen unterrichten. Erst in den vergangenen Wochen räumte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) ein, dass nicht ausreichend Inklusionshelfer und Sonderpädagogen vorhanden sind, um den aktuellen Bedarf zu decken. Die neue „Zauberformel“ lautet „25 - 3 - 1,5“: Also 25 Schüler in einer Klasse, von denen drei sonderpädagogischen Förderbedarf haben, mit einer Lehrkraft und einer halben Stelle eines Sonderpädagogen. Ob die Maßnahmen nach diesem Modell ausreichend sein werden, ist offen, jedoch eine Verbesserung gegenüber dem vorherigen Betreuungsmodell.

„Ziel ist es“, so Linderkamp, „dass alle Schüler sich im Unterricht wohlfühlen und so nah wie möglich am regulären Unterricht teilnehmen können.“ Um dieses Ziel zu erreichen bedarf es der Anleitung, Bildung und Weiterbildung von Lehrkräften um angemessen auf das sich wandelnde Schulsystem zu reagieren. Hierzu liefert die Wissenschaft wichtige Forschungsergebnisse, wie sie auch auf der diesjährigen Inklusionskonferenz in Wuppertal vorgestellt wurden.

Herausgearbeitet wurden hier Schwierigkeiten der Inklusion und mögliche Lösungswege, neue Methoden und Anforderungen an die Lehrerbildung. Die Förderung der Forschung durch Bund und Länder ist gegeben, leider aber kommt es in der Umsetzung immer wieder zu Verzögerungen und Schwierigkeiten, manch gute Idee wird über viele Jahre diskutiert, andere mit zu viel Druck eingeführt, weshalb Akteure schnell überfordert sind und Projekte scheitern.

„Besser ist es“, so betont Linderkamp, „nicht zu schnell voranzuschreiten, sondern Schritt für Schritt die Ergebnisse der guten Forschungsarbeit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und umzusetzen.“ Dabei könne man prüfen, ob Maßnahmen in der Praxis funktionieren. Der dringendste Handlungsbedarf liegt aktuell in der Ausbildung von Fachkräften. An der Bergischen Universität kann zum Beispiel seit dem Wintersemester 2014/15 Sonderpädagogische Förderung studiert werden. Aktuell gibt es hier 130 Studienplätze. Auch in der regulären Lehrerbildung werden Studierende auf die Besonderheiten des Inklusionsunterrichts vorbereitet. Zusätzlich wird auf die Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern in den Schulen gesetzt. Wie man auch ohne Studium Inklusionshelfer in einer Bildungseinrichtung werden kann, dafür gibt es aktuell keinen Standard, ein Ausbildungsberuf ist es bisher nicht.