Integration Rehsiepen: „Wir brauchen Zeit“

Wuppertal · „Miteinander in Ronsdorf“ hat durch den Tod von Lorenz Schneider einen Rückschlag erlebt. Derzeit hält die Syrerin Abeer Alhayek vor Ort die Fäden zusammen.

Abeer Alhayek (r.) unterstützt die Frauen beim Sprachkurs in der Begegnungsstätte am Mohrhennsfeld.

Foto: Fries, Stefan (fri)

„Miteinander in Ronsdorf“ und der Verein „Herz und Hand“ verbinden im Stadtteil Rehsiepen Menschen. Hilfsbedürftige mit Helfern und Zugezogenen mit Alteingesessenen. Doch der Tod des „Community Managers“ Lorenz Schneider, der im Quartier Netzwerke geknüpft hat, riss nun ein Loch in die Organisationsstruktur der Integrationshelfer.

Vor Ort im Begegnungszentrum von „Herz und Hand“ - ein 2018 gegründeter Verein, der Arbeit der evangelisch-refomierten Gemeinde Ronsdorf unterstützt - hält derzeit die Syrerin Abeer Alhayek die Stellung. Sie hat Schneider im vergangenen Jahr ehrenamtlich unterstützt. Seit Dezember werde sie in Form einer halben Stelle vom Verein „Herz und Hand“ finanziert.

Alhayek begegnet den rund 2100 Menschen aus 40 Nationen, die im Rehsiepen miteinander leben, auf Augenhöhe. Sie ist selbst vor vier Jahren als Geflüchtete in Ronsdorf angekommen. Weil sie arabisch spricht, ist sie beispielsweise bei den Sprachkursen dabei, die am Mohrhennsfeld unter anderem für eine Gruppe von 15 Frauen angeboten wird. „Ich bin die Mittlerin“, sagt Alhayek über sich.

Durch ihre Einblicke in das Leben der ihrer Schätzung nach rund 200 arabischen Familien im Quartier weiß sie, dass die Integrationsherausforderung noch lange nicht abgeschlossen ist. Sie sagt: „Wir brauchen Zeit. Es gibt viele Menschen mit Trauma. Das dauert, bis sie ankommen können.“ Auf diesem Weg hilft „Miteinander in Ronsdorf“ auch ganz pragmatisch. Etwa bei Problemen mit Ämtern und Schulen.

Eltern finden keinen Kita-Platz - und finden sich damit ab

Ein großes Thema sei auch die Kinderbetreuung. Alhayek sagt: „Es gibt Familien, da sind die Kinder schon vier bis fünf Jahre alt und sie haben noch immer keinen Platz in einer Kita bekommen.“ Dass sie in Deutschland ein Anrecht auf einen Betreuungsplatz haben, wissen viele der Migranten nicht. Da können die Helfer informieren und aufklären.

Alhayek berichtet von einem neuen geplanten Format für Flüchtlinge: So sollen ab dem kommenden Monat regelmäßig Fachpersonen im Rehsiepen referieren und die Neu-Ronsdorfer über Bereiche des Lebens aufklären, die für sie relevant sind, in die sie aber ansonsten keinen qualifizierten Einblick bekommen. Dabei soll es um Fragen gehen wie: „Wie funktioniert das deutsche Steuerrecht?“ oder „Was macht das Jugendamt?“.

Mehr Menschen wollen Deutsch lernen, als in den Raum passen

Perspektivisch wünscht sich Alhayek größere Räumlichkeiten. Die Wohnungsbaugesellschaft Grand City hat dem Verein „Herz und Hand“ eine 75-Quadratmeter-Wohnung renoviert zur Verfügung gestellt, die Stadt hat unterstützt. Doch die Syrierin berichtet, dass mehr Menschen Deutsch lernen möchten, als gleichzeitig in den „Unterrichtsraum“ passen. Es sei derzeit schon zu eng, um 15 Frauen unterzubringen. Ein weiteres Ziel der Helferin ist eine größere Verknüpfung der Gemeinschaft am Rehsiepen mit den restlichen Ronsdorfern. Zum Sommerfest im vergangenen Jahr seien beispielsweise noch hauptsächlich Familien mit Migrationshintergrund erschienen. Das soll sich in Zukunft ändern. Vielleicht bei dem Kinderfest, das für den Sommer geplant ist.

Laut dem stellvertretenden Bezirksbürgermeister Kurt von Nolting (CDU), der zu den rund 30 ehrenamtlichen Helfern am Rehsiepen gehört, wird derzeit nach einem Nachfolger für Lorenz Schneider gesucht. „Wir brauchen wieder einen Community-Manager, der Netzwerke aufbaut“, sagt von Nolting. Nur eines ist klar: Noch einmal so einen engagierten Ehrenamtler zu finden, werde nicht so einfach sein.