Interview: „Jugendliche brauchen eine klare Orientierung“
Jugendrichterin Andrea Sauter-Glücklich über problematische Täter und Strafen.
Frau Sauter-Glücklich, Sie sind als Richterin seit zehn Jahren beim Jugendstrafgericht - mit welchen Jugendlichen haben Sie es dort meist zu tun?
Andrea Sauter-Glücklich: Die Mehrheit, etwa 80 Prozent, der jugendlichen Straftäter sind ein oder zweimal auffällig, dann nicht mehr. Die testen ihre Grenzen aus. Wenn man reagiert, ist die Phase nach der Pubertät wieder beendet. Sorgen bereiten uns die sogenannten Intensivtäter.
Sauter-Glücklich: Zwar machen die Intensivtäter nur einen geringen Prozentsatz der Täter aus, jedoch verüben sie die meisten und schwersten Straftaten. Bei denen liegt einiges im Argen. Die haben auch zu Hause massive Probleme, darum ist es wichtig, die Eltern mit einzubeziehen.
Sauter-Glücklich: Man muss es auf jeden Fall immer wieder versuchen. Das Jugenstrafrecht hat immer einen erzieherischen Ansatz und man versucht, zunächst mit auflagen und Weisungen zu reagieren. Da, wo es richtig bergab geht, werden Jugendliche auch in die Jugendarrestanstalt geschickt, um zu demonstrieren, wie sich eine Haft anfühlt. Das ist ein einschneidendes Erlebnis für die meisten.
Sauter-Glücklich: Ja. Gerade das Jugendstrafrecht hat eine große Palette an Sanktionen. Das geht von Kursen für Ladendiebe über Verkehrskurse, Anti-Aggressionstraining, Arbeitsstunden, soziale Trainings- und Verkehrskurse bis hin zum Täter-Opfer-Ausgleich und die Drogenberatung.
Sauter-Glücklich: Die, die auffällig werden, werden immer brutaler. Zwar ist die Zahl der Körperverletzungs-Delikte in den vergangenen Jahren recht konstant geblieben - 2007 waren es 570 Fälle - aber Opfer erleiden immer gravierende Verletzungen. Gewalt wird viel schneller angewandt, oft aus Nichtigkeiten.
Sauter-Glücklich: Manchmal reicht schon ein falscher Blick oder ein seltsamer Ehrbegriff. Oft geschieht das jedoch auch im Zusammenhang mit den sogenannten Abzieh-Fällen.
Sauter-Glücklich: Eine schnelle Reaktion. Der Jugendliche muss die Konsequenzen seiner Tat spüren, wenn sie für ihn noch gegenwärtig ist. Die Jugendlichen brauchen einfach eine klare Orientierung.