Wuppertaler Kultur Ironie befreit von übergroßen Vorbildern
Jürgen Grölle zeigt aktuelle Collagen, Skulpturen und Zeichnungen des Spaniers Pablo de Lillo.
Wuppertal. Was finden diese halbnackten Frauen nur an den altmodischen, nüchternen Büromöbeln? Auf Pablo de Lillos Collage „Red Flowers“ räkeln sie sich auf neben dem Telefon und züngeln wollüstig einem Aktenordner entgegen. Leicht und ironisch wirken seine subtilen Irritationen, doch in all seinen Arbeiten steckt dahinter eine überaus ernsthafte Auseinandersetzung mit Einrichtungs- und Kunsttrends früherer Epochen — jetzt zu sehen in Jürgen Grölles Galerie pass:projects.
Ein sechs Meter langes Regal erinnert an den Bauhaus-Designer Marcel Breuer, doch de Lillo hängt es mitsamt Geschirr und Blumenvase verkehrt herum auf. So muss sich der Blick des Betrachters neu sortieren, zugleich befreit sich der Künstler von einem übermächtigen Vorbild.
An einen altmodischen Metallbaukasten für Jungen erinnert „Boytoy“ — im Original waren die Streben schwachgrün. Hier sind sie stramm orange und stark vergrößert — das möbelartige Ding, das daraus zusammengeschraubt ist, wirkt nicht gerade einladend, zieht aber die Blicke auf sich.
Jürgen Grölle und Pablo de Lillo kennen sich seit 1999, als sie beide ein Transfer-Stipendium des NRW Kultursekretariats hatten. Da war der eine zwei Monate in Wuppertal, der andere zwei Monate in Nordspanien, beide stellten hier wie dort an mehreren Orten aus. Vor drei Jahren holte Grölle den Spanier erstmals an die Friedrich-Ebert-Straße, „das war ein ziemlicher Erfolg“.
Daran hapert es in Spanien derzeit für Pablo de Lillo. Seine Malschule für Kinder läuft prima, als Auftragsarbeit malt er handwerklich hochwertige Porträts im fast mittelalterlichen Stil. Doch seit der Wirtschaftskrise hat sich der Kunstmarkt aufs Dekorative verschoben — da hat er es als Konzeptkünstler extrem schwer. „Eigentlich müsste er nach London oder Berlin“, sagt Jürgen Grölle.
Doch selbst aus dieser Situation zieht Pablo de Lillo einen hübsch durchdachten Ansatz wie in den beiden ganz frischen „Flanneur Works“: Er hat die Kritzel-Unterlagen seiner Malschüler zwischen vier und acht Jahren genommen und deren Striche und Kleckse mit Mini-Fotos von Häkelmustern und Konsumartikeln wie Sesseln, Fön, Schuhen kombiniert. Wunderbare Wimmelbilder, die die Frage aufwerfen, was überhaupt Hochkultur sein darf. „Die Kinder machen einfach nebenher, was man selber unbedingt erreichen möchte“, sagt der Künstler. „Man weiß ja auch sonst nie, wie es am Ende wird.“