Kolumne Ist das Krypto-Kunst oder kann das weg ?

In der digitalen Welt gibt es einen neuen Hype. Tine Lowisch schreibt in unserer Kolumne darüber.

Tine Lowisch

Foto: CLAUDIA SCHEER VAN ERP

In den letzten Jahren waren NFTs für mich immer die Needful Things (dt.: notwendigen Dinge) auf dem gleichnamigen Designmarkt von Utopiastadt. Diese echt liebevoll gestalteten Dinge, diese verspielten Hybride aus Kunst, Design und Handwerk direkt vom Erzeuger. Seit ein paar Monaten erfährt man von einem ganz anderen Hype, denn im weltweiten Netz werden auch NFTs angeboten. Allerdings NFTs der ganz anderen Art. NFTs, das meint im Digitalen Kosmos sogenannte Non-fungible Tokens. Diese nicht ersetzbaren, digitalen Werke, gehandelt als digitale Besitzurkunden, kommen daher wie eine Revolution der Kunst -, Kultur- und Kreativwirtschaft.

So liest man es rauf vom Handelsblatt bis runter zur Bildzeitung. Der etablierte Kunstmarkt schaut auf jeden Fall genau hin und schlottert ob dieser neuen Form des Hobbykunsthandels. Denn diese NFTs, diese „einzigartigen“ Kunstdinger, die die Menschen jetzt einfach nur noch besitzen wollen, ohne sich der Kunst gegenüber verpflichtet zu fühlen, diese Krypto-Kunst, bündelt ganz neue Interessen. Die meist jüngere Community, die Krypto-Kunst bevorzugt, diese aufstrebende neue Käuferschicht, sammelt lieber Ereignisse als Objekte und nutzt die Kunst ausschließlich als Wertaufbewahrungsmittel.

Die netzaffinen neuen Kunstsammler, glauben fest an diesen neuen Markt. Sie glauben fest an die ausschließlich virtuellen Kryptowährungssysteme und an die laute Musik, die darin steckt. Den Wirecard-Wirtschaftsskandal haben sie entweder nicht mitbekommen oder längst verdrängt. Ich befürchte, die NFT Käufer glauben nicht mehr so sehr an die Legitimation und an die Zuständigkeit von Künstlerinnen und Künstlern für Kunst oder gar an die Wahrhaftigkeit der Vermittler von Kunst – das Gebaren bisher in diesen Zusammenhängen ist selbst ihnen zu verschlüsselt, man könnte auch sagen zu elitär.

Stimmt ja auch, denn bisher fand das relevante Sammeln und ernsthaft interessierte Kaufen von Kunst eher in real existierenden, angesagten Kunsträumen statt, während top-beworbener Ausstellungen, auf internationalen Messen oder auch auf Kunstauktionen mit spektakulären Ergebnissen. Persönliche Begegnungen und Absprachen zwischen Kuratoren, Galeristen, Künstlern und Sammlern gehörten unbedingt dazu. Bis dann die Pandemie dafür sorgte, dass sich das Kaufen von Kunst nach und nach ins Internet verlagerte. Viele sehen diese Entwicklung positiv und erklären, dass diese Chance es sehr viel mehr Kreativen weltweit ermöglichen wird, ihre Werke zu vermarkten.

Sie sehen das Internet als neuen Vertriebsweg, auch für Künstler die bisher kaum oder keine Möglichkeit hatten, ihre Kunst zu monetarisieren. Der weltweite Internet-Kunsthandel boomt. Es ist ein Marktplatz, der als Markt der Möglichkeiten verklärt wird, auf dem sich alle treffen können und auf dem sich Qualität dann doch irgendwie durchsetzen möge. Ich bin mir da nicht so sicher und habe mir die Kunst im Netz, auch die, die über Online-Galerien verkauft wird, einmal genauer angesehen. Für mich ist da einfach sehr sehr viel, aber nicht sehr viel dabei. Das ist natürlich Geschmackssache und Gefälliges gefällt ja auch – irgendwie.

Ein guter Freund von mir und Künstler aus Wuppertal sagt immer: „Jeder darf machen, was er will“. Er sagt das, weil er sich immer wieder darüber freut, dass ich ihm dann garantiert ins Netz gehe. Und so freue ich mich jetzt schon auf den nächsten Streit mit ihm, diesmal über diese neue NFT-Kunst. Denn diese Debatte geht gerade auf allen Kanälen richtig steil und ich frage mich nicht allein, welche Auswirkungen dieser Kryptokunst-Hype wohl zum Beispiel auf unser Klima hat. Stichwort: Ökobilanz.