Kalender Kalender zeigt historisches Vohwinkel

Vohwinkel. · Hans-Jürgen Momberger hat für die Neuauflage viel recherchiert und Schätze gefunden.

Diese kolorierte Postkarte aus dem Jahr 1907 zeigt das Vohwinkeler Freibad (links).

Foto: Sammlung Hans-Jürgen Momberger

Gerade wurde die Saison im Freibad Vohwinkel erfolgreich abgeschlossen. Viele tausend Badegäste haben während der Sommermonate die Zeit im Becken und auf der Liegewiese genossen. Den wenigsten Besuchern dürfte allerdings bewusst sein, dass in der beliebten Einrichtung schon vor mehr als 110 Jahren geschwommen wurde. Wie es damals aussah, zeigt der neue Alt-Vohwinkel-Kalender von Hans-Jürgen Momberger. Der versierte Kenner der Lokalgeschichte hat diesmal besonders seltene Motive zusammengetragen.

Die alten Aufnahmen zeigen einen aufstrebenden Stadtteil, der aber vielfach noch dörflich geprägt ist. Das gilt auch für die kolorierte Postkarte des Freibads von 1907. Unter dem Namen Volkmann-Bad war es gerade ein Jahr zuvor eröffnet worden. Der angrenzende Westring – heute eine stark befahrene Straße  war noch ein Feldweg, auf dem die Pferdewagen gemächlich dahintrotteten. Durch die kräftigen Farben wirkt die Szenerie äußerst lebendig. „Solche Aufnahmen aus dieser Zeit sind äußerst selten, da die Nachkolorierung im Fotolabor sehr aufwendig und teuer war“, erläutert Hans-Jürgen Momberger. Er freut sich darüber, dass er für die neue Auflage des Kalenders gleich mehrere Schnappschüsse dieser Art zusammentragen konnte. Fündig wurde der engagierte Vohwinkeler in mehreren Archiven. „Das war großes Glück“, betont er.

Idyllisch wirkt etwa die Einmündung der Marschallstraße (früher Bergstraße) in die Gräfrather Straße (früher Solinger Straße). Auf dem farbigen Bild von 1910 ist die Dillenburg zu erkennen, die damals als Hotel geführt wurde. Das prachtvolle Gebäude steht in leicht veränderter Form noch heute. Daneben fuhr die Straßenbahn nach Solingen-Gräfrath. Ihren Startpunkt hatte sie am Kaiserplatz, eine weitere Haltestelle gab es an der unteren Rubensstraße. Davon bietet der Kalender eine Ansicht, die ebenfalls vom Anfang des vergangenen Jahrhunderts stammt. Die Rubensstraße hieß damals noch Kirchstraße. Das Rathaus mit seinem markanten Turm stand bereits und auch das große Restaurant an der Ecke zur Vohwinkeler Straße bewirtete bereits seine Gäste. Daher wirkt das Foto trotz seines Alters auf ortskundige Betrachter auch heute noch durchaus vertraut.

Archivrecherche und Interviews mit Nachfahren Prominenter

Für Hans-Jürgen Momberger sind gerade solche seltenen Blicke in die Vergangenheit faszinierend. „Es gibt zur Geschichte Vohwinkels bis auf wenige Ausnahmen nicht so viel“, erläutert er. Seine Forschungen sollen zu einem vollständigeren Verständnis beitragen. Neben der Suche in den Archiven führt Momberger auch regelmäßig Interviews mit den Nachfahren bekannter Vohwinkeler. Auch dabei hat er schon manch außergewöhnlichen Schnappschuss ergattert. „Das ist wie bei einem Puzzle, bei dem sich immer wieder neue Teile finden“, erläutert Hans-Jürgen Momberger, der auch an den Industrierouten des Bergischen Geschichtsvereins mitgewirkt hat. Den ersten Kalender gab er 2006 zum 650-jährigen Bestehen des Stadtteils heraus. „Damals fand sich niemand, der das wirtschaftliche Risiko übernehmen wollte, daher habe ich das einfach selber gemacht“, erinnert sich der Vohwinkeler. Die Sorge über mangelnde Abnehmer erwies sich als unbegründet, denn der Kalender war innerhalb kürzester Zeit ausverkauft.

Durch die positive Resonanz entschied sich Momberger dafür, auch in den Folgejahren historische Kalender herauszubringen. Diese erscheinen bis heute zum Selbstkostenpreis im Eigenverlag. „Ich werde sehr viel darauf angesprochen und versuche immer, etwas Besonderes zu finden“, so Momberger. Dazu gehört in der bald erscheinenden Auflage ein von 1907 datiertes Foto der längst vergessenen Huf- und Wagenschmiede August Blau am unteren Teil der heutigen Edith-Stein Straße.

Aus der Erinnerung der meisten Bürger dürfte auch das Ausflugslokal „Neu-Amerika“ im Osterholz verschwunden sein. Vor rund 100 Jahren gehörte dagegen ein Sonntagsausflug dorthin zum Familienleben. Zum ungewöhnlichen Namen gibt es eine kuriose Geschichte. „Es heißt, der Betreiber wollte eigentlich nach Amerika auswandern, ist aber nur bis zum Osterholz gekommen“, erzählt Hans-Jürgen Momberger schmunzelnd. Er zeichnet mit seiner Arbeit auch die Entwicklung Vohwinkels zum Verkehrsknotenpunkt nach. Durch den Neubau des Bahnhofs von 1908 und die gute Anbindung an Düsseldorf erlebte der Stadtteil eine wirtschaftliche Blüte. Davon zeugt unter anderem das schicke Hotel-Restaurant Jägerhof, das die Reisenden beherbergen sollte. Auch davon gibt es im Kalender einen Schnappschuss.