Kanal-Operation unter Tage

Kanalsanierung: Durch den Einsatz moderner Technik kann fast die Hälfte der Kosten gespart werden – auch unter Verzicht auf offene Baugruben.

<strong>Wuppertal. In Zeiten der Industrialisierung und des Bevölkerungswachstums war es ein Segen, heute ist es eine Selbstverständlichkeit und in erster Linie ein Kostenfaktor: Wie die Verkehrsinfrastruktur - etwa in Form der Wupperbrücken - ist auch das Kanalnetz im Stadtgebiet in die Jahre gekommen. Konsequenz daraus sind Kanalbaustellen, die nicht nur für wochenlange Straßensperrungen sorgen, sondern auch auf den Gebührenhaushalt drücken. Umso bedeutender wird bei der Kanalsanierung und -erneuerung der Einsatz moderner Technik, der die Baukosten senkt.

Bestandsaufnahme auf 1480 Kilometern Länge

Das Feld, das es zu beackern gilt, ist riesig: "Das Kanalnetz in Wuppertal bringt es auf eine Länge von 1480 Kilometern", erklärt Norbert Gottlob, bei den Wuppertaler Stadtwerken (WSW) für die Planung von Kanalsanierungen und -erneuerungen zuständig. In den vergangenen Jahren habe man den Bestand intensiv unter die Lupe genommen und auf Schäden hin überprüft - je nach Größe entweder bei Begehungen oder aber durch den flächendeckenden Einsatz von Kanalkameras.

Bei dieser Bestandsaufnahme wurden die Kanäle in fünf Zustandsklassen unterteilt - mit dem Ergebnis, dass drei Prozent des Wuppertaler Kanalnetzes erhebliche Schäden aufweisen und in den nächsten Jahren saniert werden müssen. "Mit diesem Wert liegen wir im Bundesdurchschnitt", fügt WSW-Abteilungsleiter Udo Lauersdorf hinzu.

Die klassische Kanalbauweise ist ebenso bekannt wie berüchtigt und kam gerade erst in der Nachbarschaft der WSW-Gebäude an der Bromberger Straße zum Einsatz: in Form offener Baugruben mit Baggereinsatz, Absperrungen und Umleitung. Darauf werde man auch in Zukunft nicht verzichten können, wenn ein Kanal im großen Stil ersetzt werden muss, betont man bei den WSW.

Doch es geht - je nach Art und Umfang der Arbeiten - auch anders: Vor gut 30 Jahren wurde in London erstmals das so genannte Schlauch-Relining-Verfahren erprobt und seitdem weiterentwickelt: Gearbeitet wird dabei unter Tage, ohne die Anlage einer kostspieligen und störenden Baugrube. Verlegt wird dabei ein neuer Kanal im bereits bestehenden.

Beim Berst-Relining-Verfahren wird das Material um den Kanal herum verdichtet und verpresst - mit einer Arbeitsweise, wie sie in ähnlicher Form auch vom Tunnelvortrieb bekannt ist. Wie zum Beispiel auf der Tunnelbaustelle Burgholz - wo es ebenfalls keine offene Baugrube gab - gibt es auch beim Kanalbau Spezialfräsen und Injektionsverfahren, "und auch die Robotertechnik macht hier große Fortschritte", berichtet Röttgers.

"Durch Einsätze dieser Art sammeln wir wertvolle Erfahrungen für andere Baustellen", fügt Röttgers hinzu. Vergleichbar sei die Sanierung ohne Baugrube mit einem chirurgischen Eingriff, der weitgehend auf Einschnitte verzichtet. Generell müsse jede Kanalsanierung und -erneuerung auch in Zukunft individuell auf ihre Technik hin geplant werden. Röttgers: "Jeder Kanalschaden und dessen Umgebung sieht anders aus."