Kirchenkolumne Click and collect, click and meet, click and pray!
Serie | Wuppertal · Die nächste Konferenz, das nächste Shoppingerlebnis, ja, sogar der Gottesdienst – alles ist nur einen Klick entfernt. Auch in dieser Gesellschaft sollte es endlich mal Klick machen.
Nur ein Klick ... alles ist nur ein Klick entfernt. Die nächste Schulstunde, die nächste Konferenz, das nächste Shoppingerlebnis, ja, sogar der Gottesdienst – alles ist nur einen Klick entfernt. Click and collect, click and meet, click and pray! Man kann wirklich froh sein, dass wir im digitalen Zeitalter leben. Manch ein Kirchenvertreter berichtet ja auch schon euphorisch von den hohen Klickzahlen. Man würde so viel mehr Leute erreichen, als sonst zu den Gottesdiensten kämen. Wenn das mal nicht täuscht, denn ein bloßer Klick sagt ja noch nichts darüber aus, wie nachhaltig der Klick gewirkt hat. Haben die Leute da wirklich die ganze Zeit den Gottesdienst mitverfolgt? Oder waren sie nach ein paar Sekunden schon wieder weg? Geklickt hat man schnell – und weitergeklickt oft noch schneller. Was glauben Sie denn?
Egal, Klick ist Klick! Wenn das so weitergeht, brauchen wir bald keine Gebäude mehr – weder Geschäfte noch Schulen noch Büros noch Kirchen. Das ist dann alles bloß Klickerklacker, das man sich sparen kann in der schönen neuen digitalen Welt. Auch zum Kaffeekränzchen kann man sich doch nun online verabreden. Ist das nicht herrlich? Man braucht sich gar nicht mehr auf den Weg machen. Klick, klack, klickerdiklick! Was man da alles an Zeit spart!
Nichts gegen die Digitalität. Sie ist ein Medium – wie früher das Telefon oder das Radio, ein kommunikativer Übertragungsweg mit ganz eigenen Möglichkeiten, die oft noch gar nicht genutzt werden. Manches haben wir in den letzten Monaten spontan gelernt – und erfahren, wo noch vieles fehlt. Wenn viele zur gleichen Zeit ins Netz gehen, gehen die Datenraten schnell in den Keller. Da kann man dann nur hoffen, dass die Webkonferenzen an der richtigen Stelle einfrieren und ein in Gesichter gemeißeltes Lächeln die Zeit angenehm überbrückt. In diesen Pausen, die die gesparte Zeit auffressen, kann man sich dann übrigens an die Terminplanung für die nächsten Shoppingerlebnisse machen. Die Zeiten, wo man einfach mal so bummelte, sind vorläufig vorbei. Jetzt muss man im Einzelhandel Termine klicken (was denn sonst!). Ich sehe schon Online-Tauschbörsen vor mir: Tausche Drogerietermin gegen Boutiqueticket. Impftermine sollen sogar mit einer Quote von 1:3 gehandelt werden ...
Wie auch immer: Sobald der kleinste Hauch der Lockerung verkündet wird, scheint manch eine Zeitgenossin und manch ein Zeitgenosse das geradezu als Verpflichtung zu sehen, in die Innenstadt zu laufen. Da klickt und klackt es wieder fleißig auf dem Trottoir – ganz analog! Wo aber die Vorsicht mangelt, folgt der nächste Lockdown, wie im viel gelobten Italien, wo man rote, gelbe und grüne Zonen eingerichtet hatte, aber schon gelb als zwingende Aufforderung zum Freigang verstanden wurde. Jetzt droht ganz Italien zur roten Zone zu werden ...
In früheren Zeiten, als das Beten noch geholfen hat, rief man in Seuchenzeiten in den Kirchen zu Bußfasten, Wallfahrten und Gebetsstürmen auf. Ob das Beten geholfen hat? In jedem Fall hat es dazu geführt, dass die Menschen gemeinsam handelten. Sie stemmten sich gemeinsam gegen die Gefahr. Heute tanzt man eher um die goldene Kaffeetasse wie weiland das Volk Israel ums goldene Kalb. Die wahren Ziele sind der nächste Urlaub. Ostern, Sommer, Herbst – wann endlich werden wir wieder reisen können? Wo jeder nur an sich denkt, und jede auch, ist zwar an alle gedacht. Das Virus aber wird so nicht gebannt. Beten allein hilft da wohl nicht weiter. Maske tragen, Abstand halten und Händewaschen schon. Vielleicht macht es ja doch endlich „Klick“ in dieser Gesellschaft – und wir entdecken das Ziel, dass wir dieses Virus nur gemeinsam in die Schranken zu weisen ... Dafür bete ich!