Protest Klima-Aktivisten der Letzten Generation ziehen schweigend durch die Wuppertaler Innenstadt

Wuppertal · Der Protestmarsch der Letzten Generation galt auch den 27 in Bayern verhafteten Mitstreitern der Bewegung.

Kein Festkleben, keine Gewalt: Sebastian Rieck (Zweiter von rechts) und weitere Klimaaktivisten gingen schweigend durch Elberfeld.

Foto: Matthi Rosenkranz

Das Kooperationsgespräch zwischen der Polizei und den Aktivisten endete in einem Kompromiss, mit dem beide Seiten gut leben konnten: Statt vom Platz am Kolk den Weg in Richtung B7 zu nehmen und somit den Verkehr auf der Wuppertaler Hauptverkehrsachse zu behindern, ließen sich die Demonstranten der Bewegung „Letzte Generation“ auf eine Strecke ein, die weniger Störpotenzial, aber dafür mehr Passanten am Wegesrand zu bieten hatte. Und darum ging es den Aktivisten ja: Von möglichst vielen Menschen wahrgenommen zu werden und ihnen ihre Botschaften vermitteln zu können.

„Wir kleben uns nicht fest, wir über keine Gewalt aus“, gab Organisator Sebastian Rieck aus Wuppertal seinen Mitstreitern noch einmal zu verstehen, dann konnte es auch schon losgehen: über die Morianstraße, dann die Neumarktsraße entlang bis hin zum Laurentiusplatz. Zu den erst rund zehn Personen des Protestzugs stießen im Laufe des Marsches durch die Elberfelder City spontan noch weitere Menschen dazu. „Komm, da gehen wir mit“, forderte ein älterer Herr seine Begleitung auf. Die aber zögerte noch: „Nee, lass erst mal gucken.“ Wenig später stieß das Paar aber doch noch dazu, sodass die Gruppe letztlich rund 15 Personen umfasste, die schweigend durch die Straßen zogen.

Einige der in Warnwesten gekleideten Aktivisten hielten dabei Plakate mit Schwarz-weiß-Porträts hoch. „Die Fotos zeigen die 27 Menschen, die am Freitag von der bayerischen Polizei im Zuge des Präventivgewahrsams für ihre Überzeugungen festgenommen wurden“, erklärte Britta Winners, die aus Mönchengladbach nach Wuppertal gekommen und an der Organisation des Protestzugs beteiligt gewesen war. In Bayern kann Menschen, von denen aus Sicht des Staates eine konkrete Gefahr ausgeht, ohne Prozess und Urteil die Freiheit entzogen werden. Auf dem Protestweg wurden auch Flyer mit den Forderungen der Letzten Generation verteilt. Einige Passanten beobachteten das Geschehen kopfschüttelnd, andere machten abfällige Bemerkungen. Ein junger Mann etwa sagte feixend zu seinem Begleiter: „Das sind ja mehr Polizisten als Aktivisten.“

Es gab aber auch verständnisvolle Mitmenschen am Wegesrand. Heidi Franz beispielsweise nahm gerne eines der Flugblätter entgegen. Sie könne das gut nachvollziehen, was die Aktivisten antreibt, schließlich gehe es um unser aller Zukunft, so die 62-Jährige auf Nachfrage unserer Zeitung. „Die Holländer sind auch nicht gestorben, nur weil dort ein Tempolimit gilt.“ Man könne mit kleinen Maßnahmen wie zum Beispiel Tempo-30-Zonen viel erreichen. „Da muss man nicht so viel Geschrei drum machen“, findet die Gymnasiallehrerin.

Die Vornamen der verhafteten Mitstreiter wurden verlesen

Auf dem Laurentiusplatz als Endpunkt des Marsches verlas Sebastian Rieck die Vornamen der in Bayern inhaftierten Aktivisten der Letzten Generation. „Die Regierung kann die einfachsten Maßnahmen für das Klima nicht umsetzen, aber politische Gefangene nehmen“, so der 34-Jährige. Er forderte die Umstehenden und die Menschen in den umliegenden Cafés auf, sich für die Einhaltung der Klimaziele der Bundesregierung einzusetzen. „Es gibt in Deutschland 77 Bewegungen wie unsere. Sucht Euch was aus. Geht auf die Straße, seid laut – mit gelber Weste oder ohne“, so Rieck, der auch noch einmal die Hauptforderungen der Letzten Generation formulierte: die Wiedereinführung des 9-Euro-Tickets, Tempo 100 auf Autobahnen und Ausstieg aus der fossilen Energie bis 2030.

Der Einsatzleiter der Polizei war indessen zufrieden mit dem Ablauf der Protestaktion. „Es gab nur eine geringe Einschränkung des Verkehrs und alles verlief ruhig“, so der Beamte im Gespräch mit der WZ. Die Polizei war mit drei Autos, zwei Motorrädern und fünf Ordnungshütern auf Schusters Rappen vertreten.

„Wir kooperieren gerne mit der Polizei“, sagte Sebastian Rieck denn auch am Montag. Die Ordnungshüter seien ja nicht verantwortlich für die politische Klimamisere.