Klimawandel: Jahreszeiten werden unberechenbar
Regen und Sonne verteilen sich neu über das Jahr. Der Sommer geht im Herbst in die Verlängerung, und es ist zu trocken.
Wuppertal. So sehr sich über den Klimawandel diskutieren lässt — für den Wupperverband steht eines jetzt schon fest: Auch 2011 wird als Jahr extremer Wetterlagen in die Geschichte eingehen, selbst wenn dramatische Unwetter bislang ausgeblieben sind. Die Jahreszeiten werden unberechenbarer — und jenseits makelloser Sonnentage ist es zwar kalt, aber zu trocken. Das zog am Dienstagabend einen ersten Flächenbrand auf den Südhöhen nach sich, der am Dorner Weg gelöscht werden musste.
Die beiden harten Winter 2010 und 2011 sind gut in Erinnerung, und die Schneeschmelze ließ im Januar mit Regen und Hochwasser ein nasses Frühjahr erwarten.
Doch weit gefehlt: „Auf diesen nassen Beginn folgte ein außergewöhnlich trockenes Frühjahr“, bilanziert der Wupperverband mit Blick zur Bever. Dort fielen von März bis Mai 75 Liter Regen pro Quadratmeter. Das waren nur 28 Prozent der üblichen Regenmenge für diese drei Monate. So wurde das Frühjahr zum bislang trockensten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1900.
Das Wasserwirtschaftsjahr 2011 — es begann turnusgemäß am 1. November 2010 und endete am 31. Oktober dieses Jahres — hielt noch weitere Überraschungen auf Lager: Lagen die Regenmengen im Juni und Juli etwa im Soll, fiel der Sommermonat August deutlich zu nass aus: Allein an der Bever regnete es mit 174 Litern pro Quadratmeter 63 Liter mehr als im Durchschnitt.
Und auch dieser Trend setzt sich fort: Die jährlichen Gesamtregenmengen bleiben in etwa konstant — sie verteilen sich nur anders und extremer — etwa, wenn an wenigen Tagen so viel Regen fällt wie sonst in einem ganzen Monat. Folge: lokale Hochwasser, wie Wuppertal sie zuletzt immer wieder erlebt hat.
Marc Scheibel, der beim Wupperverband den Fachbereich für Wassermengenwirtschaft und Hochwasserschutz leitet, sieht die Region vor Herausforderungen — auch wenn man mit dem Talsperrensystem auf Hochwasser und Trockenzeiten vorbereitet ist. So reichte die Wupper-Talsperre 2011 alleine nicht aus, um die Mindestwassermenge in der Wupper (3,5 Kubikmeter pro Sekunde an der Kluser Brücke) zu gewährleisten. Notwendig wurden bereits im Frühjahr zusätzliche Reserven aus weiteren Talsperren, um zu verhindern, dass die Wupper zu wenig Wasser führt.
Dem „goldenen Oktober“ (mit 79 Litern Regen in Buchenhofen 12 Liter weniger als im Durchschnitt) folgt ein „goldener November“ — mit viel Sonne und wenig Regen. Und der Wupperpegel wird erneut durch Talsperren-Reserven konstant gehalten. Die Landwirte können sich jedenfalls nicht daran erinnern, wann ihr Vieh zuletzt so lange auf den Wiesen bleiben durfte, wie ihr Vorsitzender und Sprecher Martin Dahlmann auf WZ-Nachfrage berichtet.
Und auch Dahlmann beobachtet, dass beim Wetter der Übergang zwischen Sommer und Winter kürzer wird — und damit Herbst und Frühling. Von akuter Waldbrandgefahr könne man derzeit nicht sprechen, erklärt Albert Vosteen vom Forstamt der Stadt. Das gute Wetter erleichtere vielmehr die laufenden Waldarbeiten.