Kolja Thomas fährt im Rollstuhl gegen die Zeit
Seit seinem zwölften Lebensjahr kann der Arrenberger nicht laufen. Trotzdem geht der 41-Jährige bei einem Charity-Lauf an den Start.
Das Wetter auf der Nordbahntrasse ist nicht gerade einladend. Aus den dichten, grauen Wolken regnet es Bindfäden, dazu pfeift ein ebenso starker wie kalter Wind. Doch Kolja Thomas lässt sich davon nicht beirren. Diszipliniert zieht der Arrenberger sein Trainingsprogramm durch und bewegt seinen Rollstuhl mit schwungvollen Armbewegungen über den Asphalt.
Seit vergangenem Sommer bereitet sich der 41-Jährige intensiv auf den „Wings for Life World Run“ vor, der am 6. Mai in München stattfindet. Dabei handelt sich um einen Charity-Lauf, der seit 2014 an einem bestimmten Tag weltweit veranstaltet wird. Unter dem Motto „Laufen für die, die nicht laufen können“ sammeln die teilnehmenden Läufer Spenden, die dann, zusammen mit den Startgeldern, über die Wings-for-Life-Stiftung in verschiedene Projekte der Rückenmarksforschung fließen.
„Ich habe letztes Jahr das erste Mal über die sozialen Netzwerke von diesem Projekt erfahren und war sofort begeistert“, sagt Thomas, der seit seinem zwölften Lebensjahr nach einer Rückenmarksoperation im Rollstuhl sitzt. Denn an dem Benefizlauf nehmen nicht nur Läufer, sondern auch Rollstuhlfahrer teil.
„Für mich stand sofort fest, dass ich 2018 daran teilnehmen will“, erzählt Thomas. „Im Laufe des Sommers habe ich dann meinen Freunden und Bekannten, die auch am Arrenberg vernetzt sind, davon erzählt. Und ihre Reaktion war: ’Wir kommen mit’.“
Seitdem hat sich eine kleine Laufgruppe von acht Leuten gebildet, die mit Kolja Thomas regelmäßig trainiert und ihn auch mit nach München begleiten wird. Die Organisation läuft dabei ganz unproblematisch ab. „Wir wohnen alle im gleichen Viertel. Deswegen sieht man sich sowieso fast täglich, ansonsten haben wir aber auch eine WhatsApp-Gruppe“, berichtet Iris Panknin, die zusammen mit Katharina Hilbig und Pascal Biesenbach ebenfalls dem Regen trotzt.
Ohnehin meinte es das Wetter in den vergangenen Wochen nicht gut mit Thomas und seinen Freunden. Dennoch: „Ich habe trotzdem versucht, trotz der Kälte, einmal pro Woche auf die Trasse zu kommen“, sagt Thomas und fügt hinzu: „Jetzt freue ich mich aber, dass die Temperaturen langsam anfangen zu steigen.“
Sein Sportstuhl jedenfalls ist bestens präpariert. So hat er sich extra eine Rennbereifung besorgt, die dank des geringeren Profils höhere Geschwindigkeiten erlaubt. Zusätzlich montierte er auch noch neue Greifreifen. „Die habe ich extra aus Lippstadt geholt“, erklärt Thomas. „Sie sind nun deutlich breiter, und ich kann sie mit meinen großen Händen besser greifen.“
Für den 6. Mai hat sich der Diplom-Designer ebenfalls schon ein Ziel gesetzt: „Die Zehn-Kilometer-Marke möchte ich schon schaffen.“ Dabei kämpft er vor allem gegen die mobile Ziellinie. Denn beim „Wings for Life World Run“ gibt es ein sogenanntes „Catcher Car“, also ein Auto, das eine halbe Stunde nach Startbeginn in geringer Geschwindigkeit den Läufern hinterherfährt. Wird einer eingeholt, ist für ihn der Lauf beendet. „Im letzten Jahr hat ein Rollstuhlfahrer aus Schweden 94 Kilometer am Stück geschafft, der ist aber ein professioneller Sportler“, erklärt Thomas.
Soweit dürfte es für den 41-Jährigen wohl nicht gehen, das ist ihm aber auch nicht wichtig. „Ich möchte in erster Linie Spaß haben und ein persönlich gutes Ergebnis erreichen“, betont er. „Vielleicht knüpfe ich auch neue Kontakte, da ich nicht der einzige ,Rolli’ sein werde — schließlich sind wir die Gruppe, um die es bei dem Lauf geht.“ Jetzt muss eigentlich nur noch das Wetter mitspielen.