WZ-Kolumne Kolumne: Das geschwächte Herz und Corona

Wuppertal · In der WZ-Kolumne des Arztes Melchior Seyfarth geht es um die Folgen einer Corona-Erkrankung. Dabei fängt es ganz harmlos an und dann geht es auf einmal sehr schnell.

HELIOS Klinikum Wuppertal Prof. Dr. med. Melchior Seyfarth Chefarzt

Foto: Helios Universitätsklinikum Wuppertal/Michael Mutzberg

Es begann recht harmlos. Die 59-jährige Mutter hatte sich seit dem Vortag nicht wohl gefühlt und über Schmerzen im Brustbereich geklagt. Eigentlich hatte sie sich nicht so viele Sorgen gemacht, da die Beschwerden nur leicht waren und nach dem Hinlegen besser wurden. Sie erzählte, dass sie aber zusätzlich Schwindel und Übelkeit bei leichten Belastungen bemerkt hätte. Letztendlich habe sie sich aber doch besonnen, da sie ja bereits zweimal eine Herzmuskelentzündung erlitten habe – zuletzt 2007 aufgrund viraler Infekte. So stellte sich die Patientin aus Wuppertal in der Notaufnahme des Helios Universitätsklinikums am Campus Barmen vor.

Bei jeder Vorstellung in einer Notaufnahme schätzt man zu Beginn der Behandlung die Dringlichkeit ein, um niemanden zu übersehen, der einer schnellen Reaktion bedarf. Bei diesem sogenannten Erstkontakt hatte die Patientin zwar einen erhöhten Puls, sie war aber noch ruhig und konnte über den Grund ihres Kommens berichten.

Dann ging es aber auf einmal sehr schnell. Noch in der Notaufnahme erlitt die Familienmutter einen Kreislaufzusammenbruch und musste intensivmedizinisch betreut werden. Im Schockraum war der Blutdruck zeitweise sogar nicht mehr messbar. Die Laborwerte trafen ein und zeigten eine Schädigung wie bei einem Herzinfarkt.

Das Herz pumpte nur noch schwach, sodass klar war, dass diese Patientin nur gerettet werden konnte, wenn sofort alle diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen der Herzmedizin eingesetzt werden. Die Patientin wurde ins Herzzentrum nach Elberfeld verlegt, wo innerhalb einer knappen halben Stunde ein Herzinfarkt im Herzkatheter ausgeschlossen werden konnte und der Patientin ein lebenserhaltendes Unterstützungssystem in Zusammenarbeit mit den Herzchirurgen implantiert wurde.

Bei diesem sogenannten Herzunterstützungssystem handelt es sich um eine Pumpe, die am Bett stehend die Herzfunktion ersetzt und die Sauerstoffversorgung des betroffenen Menschen übernimmt.

Was war aber denn eigentlich passiert? Die Patientin hatte eine fulminant verlaufende Herzmuskelentzündung aufgrund einer Covid-19-Infektion entwickelt. Das Coronavirus Sars-Cov-2 greift dabei das Herz an, indem der Erreger das Muskelgewebe des Herzens befällt. Die Viren dringen dabei in die Zellen des Myokards (Herzen) ein und führen dazu, dass das Herzmuskelgewebe zerstört wird. Bei milden Verläufen kann die körpereigene Immunabwehr diesem Prozess entgegenwirken – bei unserer Patientin war das leider nicht mehr möglich, sodass es zum Herzversagen gekommen ist.

Bei dieser akuten Herzinsuffizienz ist das Herz selbst nicht mehr in der Lage, den Körper ausreichend mit Blut und Sauerstoff zu versorgen. Das Herz der Patientin musste daraufhin fast zwei Wochen durch ein Herz-Unterstützungssystem ersetzt werden.

Schwere Tage begannen für die Familie der Patientin. Glücklicherweise erholte sich ihr Herz unter der Betreuung auf der Intensivstation. Nach zwei Wochen konnte das Unterstützungssystem wieder ausgebaut und die Patientin aus dem künstlichen Koma aufgeweckt werden.

Dieser Fall zeigt, dass jeden von uns eine lebensbedrohliche Erkrankung, wie eine Virusinfektion, plötzlich und unerwartet treffen kann. Auch zeigt es, dass ein Unwohlsein nicht zwingend auf die leichte Schulter genommen werden sollte, insbesondere, wenn es eine besondere, gesundheitliche Vorgeschichte gibt.

Wir sollten dankbar sein, dass wir in Wuppertal an verschiedenen Standorten eine hervorragende medizinische Versorgung haben und dort täglich viele Menschen um das Leben von Patientinnen und Patienten kämpfen. Nicht immer gelingt dies mit Erfolg, aber im Falle dieser 59-jährigen Familienmutter glücklicherweise doch.

Wünschen wir uns alle Frieden und Gesundheit!