Ein Blick in die Glaskugel In 2020 hat Wuppertal die Wahl

Ein Blick in die Glaskugel: Neben der Kommunalwahl stehen weitere wichtige Ereignisse an.

In diesem Jahr steht nicht nur die Kommunalwahl an, sondern es wird auch Wuppertals Oberbürgermeister gewählt.

Foto: Fischer, A. (f22)/Fischer, Andreas (f22)

Eine gute Nachricht hält das Jahr 2020 für alle bereit, die immer das Gefühl haben, ihnen läuft die Zeit zu schnell davon. 2020 ist ein Schaltjahr und so bleibt den rund 362 400 Wuppertalern, die in das neue Jahrzehnt gestartet sind, ein wenig mehr Zeit, um Unerledigtes zu erledigen oder sich zum Beispiel auf die Kommunalwahl am 13. September vorzubereiten.

Rund 270 000 Wahlberechtigte sind zur Kommunalwahl aufgerufen, die gleichzeitig eine Oberbürgermeisterwahl ist. 14 Tage später wird es voraussichtlich zu einer Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt in Wuppertal kommen, an dem die beiden OB-Kandidaten teilnehmen werden, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen auf sich gezogen haben.

Wuppertal hat 2020 die Wahl. Doch im ersten Quartal des Jahres müssen zunächst einmal die Mitglieder der verschiedenen Parteien bei der Aufstellung der Kandidaten ihr Kreuzchen machen. Oberbürgermeister Andreas Mucke hatte schon zur Mitte seiner Amtszeit erklärt, dass er für eine Kandidatur zur Verfügung steht. „Wenn mich die SPD-Mitglieder als Kandidaten aufstellen,, trete ich wieder an“, sagte Mucke damals. Da sich bisher kein Gegenkandidat aus den Reihen der SPD positioniert hat, gilt Mucke als gesetzt.

Die Parteivorstände von CDU und Grünen werden ihren Mitgliedern Uwe Schneidewind, Präsident des Wuppertal Institutes, als gemeinsamen Kandidaten vorstellen. Schneidewind muss also noch zwei „Vorwahlen“ überstehen, bevor er in den Wahlkampf einsteigen kann. Mit Mucke und Schneidewind sind die aussichtsreichsten Kandidaten für eine Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt genannt.

Doch welche neue Kräfteverteilung wird es im Stadtrat geben? SPD und CDU haben als die beiden großen Parteien im Wuppertaler Stadtrat in einer Großen Kooperation über viele Jahre den Kurs bestimmt. 2019 setzte nach dem Bruch der Groko ein schwarz-grünes Kernbündnis zwar neue Akzente, aber die Politik im Barmer Rathaus war die wechselnder Mehrheiten. Das schwarz-grüne Modell könnte über die Kommunalwahl 2020 hinaus Bestand haben. Eine Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Wuppertaler SPD entgegen dem Bundestrend nicht ihre Rolle als „Volkspartei“ einbüßt.

Das klingt paradox, aber die Grünen feierten bei der Europawahl im Mai 2019 als stärkste Partei in Wuppertal einen Überraschungserfolg und hoffen nun, dass der Bundes-Trend und die jungen Wähler (Wahlberechtigung bei der Kommunalwahl ist ab 16 Jahre) sie zur dritten großen politischen Kraft im Tal machen. Dann wären noch ganz andere Farbenkombinationen als Schwarz-Grün oder die Neuauflage der Groko möglich: Grün-Rot oder Grün-Rot-Rot.

Gestaltungsmöglichkeiten
der Politik bleiben begrenzt

Die Linke wird einen eigenen Kandidaten aufstellen, kündigte der Fraktionsvorsitzende Gerd-Peter Zielezinski an. „Es wird nicht der frühere Beigeordnete Panagiotis Paschalis sein, sondern ein Mitglied unserer Ratsfraktion“, sagte Zielezinski. Die Kandidatur eines linken Kandidaten würde im ersten Wahlgang vermutlich Andreas Mucke mehr Stimmen kosten als einen Kandidaten Uwe Schneidewind.

Welche Partei im September auch immer das Rennen um die Ratssitze macht, die Gestaltungsmöglichkeiten für die Politik bleibt aufgrund der finanziellen Engpässe begrenzt. Der im Dezember vom Rat verabschiedete Doppelhaushalt 2019/2020 lässt für die Stadt Wuppertal bei einem Volumen von 1,4 Milliarden Euro pro Jahr keine großen zusätzlichen Investitionen für die sogenannten freiwilligen Aufgaben zu. Spätestens 2021 wird es für die Stadt schwer, die Aufnahme neuer Schulden zu vermeiden, denn dann 2020 fließen die letzten von insgesamt 530 Millionen Euro aus dem Stärkungspakt in die Wuppertaler Stadtkasse.

Geld allein ist keine Lösung. Auch in den kommenden Jahr wird es der Stadt Probleme bereiten, die Fördergelder von Bund und Land zum Umbau von Schulen und Kitas umzusetzen. Die Baubranche sitzt aufgrund des anhaltenden Booms am langen Hebel und kann sich ihre Auftraggeber aussuchen. Das treibt die Kosten in die Höhe und zieht öffentliche Projekte in die Länge. Bei der Sanierung von Brücken, Treppen und Straßen wird es kaum schneller vorangehen, obwohl der Rat dafür zusätzliche Mittel bereitgestellt hat.

Am 15. Februar 2020 wird das Engelsjahr eröffnet. Der Vielzahl von geplanten Veranstaltungen steht das Fehlen einer zentralen Anlaufstelle für die Besucher gegenüber. Die Stadt setzt ihre Hoffnungen auf die Engels-Ausstellung im Haus der Jugend, die ab Ende März zu sehen sein wird.

Vorzeigbar soll bis zum Engels-Geburtstag am 28. November das Engelshaus sein, der geplante Verbindungsbau zur Remise und zum Museum für Frühindustrialisierung bliebt aber bis 2021 Baustelle. Der Stadt Wuppertal muss es daher gelingen, das peinliche Planungsdesaster mit einem Feuerwerk an Veranstaltungen, Ausstellungen und Aufführungen zum Thema Engels zu kaschieren.

2020 setzt sich
eine Revolution fort

Ob das Jahr 2020 zur Zeitenwende wird, entscheidet sich nicht alleine in Wuppertal, aber die Wuppertaler entscheiden über ihre Zeitenwende vor der Haustür als Wähler mit. Wie wird sich die Diskussion um den Klimawandel entwickeln? Welche Klimaziele setzt sich die Stadt? Wie gelingt die Transformation des städtischen Lebens im Zeitalter des digitalen Wandels? Ab 2020 setzt sich eine Revolution fort, die von Experten in ihren Dimensionen mit den Veränderungen im Zuge der Frühindustrialisierung verglichen wird.

In den vergangenen beiden Jahren hat Wuppertal Hitze und Trockenheit sowie extreme Wettereignisse wie den Starkregen am 29. Mai 2018 erlebt. Klettert das Thermometer auch 2020 wieder über die 40- Grad-Marke? Gerade die Innenstädte heizen sich mit ihren großen versiegelten Flächen enorm auf. Die Stadt muss neue Flächen für Wohnungsbau und Gewerbegebiete zu erschließen, damit die Stadt wirtschaftlich gesund wachsen kann. Diesen Interessenkonflikt gilt es zu lösen.

Und die Konflikte verschärfen sich, denn die Folgen des Klimawandels sind immer stärker zu spüren, während der Druck auf die Wirtschaft und damit auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer wächst, sollte sich die Konjunktur abschwächen. Insbesondere die Autozulieferer erwarten für 2020 ein schwieriges Jahr. Die Werkzeughersteller sind hingegen unverschuldet von Strafzöllen der USA betroffen. Keine rosigen Aussichten also für zwei Branchen, die zum Aufschwung der Bergischen Region im vergangenen Jahrzehnt beigetragen haben.