Interview mit Arnd Krüger „Wer eine sichere Zukunft sucht, ist im Handwerk gut aufgehoben“

Wuppertal · Zum Beginn des Ausbildungsjahres sind Ausbildungsplätze im Handwerk unbesetzt geblieben, während viele Schulabgänger noch keine Ausbildungsstelle gefunden haben. Was läuft da schief?

Wer eine stabile berufliche Zukunft sucht und Sicherheit anstrebt, der ist laut Arnd Krüger im Handwerk gut aufgehoben.

Foto: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Arnd Krüger: Bedarf ist auf beiden Seiten vorhanden, aber das Matching klappt nicht. Die Coronakrise hat die Übergangszeit von der Schule zum Beruf nicht leichter gemacht.

Wie fällt die erste Bilanz speziell für den Bezirk Solingen-Wuppertal aus?

Krüger: Die Zahlen sind nicht ganz so schlecht wie in anderen Kammerbezirken, aber wir werden die Werte des vergangenen Jahres nicht erreichen - und auch die waren schon rückläufig.

Das Ausbildungsjahr beginnt traditionell im August. Sollte man angesichts der Corona-Pandemie überhaupt noch in solchen festen Zeitrahmen denken?

Krüger: Nein, solche festen Vorgaben haben die Betriebe auch nicht. Die Tür für neue Auszubildende ist im September oder Oktober noch nicht zu. Wenn man bedenkt, dass der Schulunterricht über Monate beeinträchtigt war, dann kommt es bei einer drei Jahre dauernden Ausbildung auf ein paar Wochen Rückstand nicht an. Der Zug ist in keinster Weise für künftige Auszubildende abgefahren.

Welche Tipps können Sie jungen Leuten geben, die bis jetzt noch nicht fündig geworden sind?

Krüger: Sie sollten sich bei der Orientierung und Suche nicht allein auf das Internet verlassen, sondern auch das persönliche Gespräch mit der Industrie- und Handelskammer und der Kreishandwerkerschaft suchen. Da könnte ein Anruf schon sehr hilfreich sein.

Haben die Handwerksbetriebe in der Coronakrise nicht ganz andere Probleme, als sich um die Ausbildung zu kümmern?

Krüger: Selbst in der Krise läuft das Handwerk auf hohem Niveau, und die Auftragslage ist weiterhin gut. Das Handwerk hält die Infrastruktur in der Stadt hoch, während in vielen Unternehmen Kurzarbeit gefahren wird. Die befürchtete Auftragsflaute im Anschluss an den Lockdown ist für die Handwerker zum Glück nicht eingetreten.

Wie sind die weiteren Aussichten für das Handwerk - trotz der Corona-Pandemie?

Krüger: Den Handwerksbetrieben geht es überwiegend gut. Ich kann nur sagen, wer eine stabile berufliche Zukunft sucht und Sicherheit anstrebt, der ist im Handwerk gut aufgehoben. Das gilt auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten. Der Klimawandel wird auf lange Sicht das beherrschende Thema sein. Diese Herausforderungen zu meistern, wird nur über die Handwerksbetriebe möglich sein.

Doch nicht alle Betriebe bieten Ausbildungsplätze an. Welche Wirkung hat zum Beispiel das Konjunkturprogramm „Allianz für Ausbildung“? Sind die ausgelobten Prämien der richtige Anreiz?

Krüger: Prämien sind ein Anreiz, aber sie werden in den seltensten Fällen der einzige Grund sein, Auszubildende einzustellen. Es muss passen. Wir haben das Problem, dass die Unternehmer in den Betrieben im Schnitt immer älter werden und keine Nachfolger zur Betriebsübernahme finden. In den letzten Jahren vor der Betriebsaufgabe wird daher auf die Ausbildung verzichtet.

Das Handwerk beklagt seit Jahren die mangelhafte Qualität der Bewerber. Ist Besserung in Sicht?

Krüger: Es wird durch die monatelangen Einschränkungen im Unterricht in der Coronakrise nicht besser geworden sein. Wir müssen uns darauf einstellen, dass der Schulbetrieb in den kommenden Monaten nicht reibungslos laufen wird. Ich bin sehr skeptisch, was die Zeit nach den Sommerferien angeht. Bei der Eingangsqualifizierung der Auszubildenden werden die Erwartungen der Betriebe nicht zu erfüllen sein.