22 Streicher erleben in Elberfeld vier Jahreszeiten
Die Amsterdam Sinfonietta trumpfte in der Stadthalle auf.
Wuppertal. Es sind „nur“ 22 Streicher, die im Stehen spielen, aber was da an leicht pulsierender und bis in die Zehenspitzen vibrierender Barockmusik von der Bühne im großen Stadthallen-Saal klingt, ist großartig: Professionell und doch mit einer solchen Musikalität, die geradewegs aus dem Bauch zu kommen scheint, glänzte die Amsterdam Sinfonietta am Sonntagabend beim 2. Konzert der Reihe „Johannisberg International“.
Von Antonio Vivaldis „Die vier Jahreszeiten“ glaubt man jede Note zu kennen — aber welche Überraschung, mit wie viel Intensität die liebenswerte Programmmusik in Elberfeld gestaltet wird. Der junge armenische Violinist Sergey Khachatryan überzeugt mit großer Virtuosität, die nie Selbstzweck ist, sondern die er stets in den Dienst der Musik stellt.
„Der Frühling“ kündet sich in beschwingten Tutti an. Schwirrend trillern mit dem Solisten zwei weitere Solo-Geigen den Gesang der Vögel um die Wette. Lastend schwer klingt das Largo, von energischen Viola-Strichen durchkreuzt. „Der Sommer“ hebt verhalten an. Wie ermattet in glühender Hitze atmen auf- und abgleitende Streicher-Seufzer.
Doch wieder bringen Vogelrufe Leben ins Geschehen. Ruhig und ausdrucksvoll singt die Solo-Violine im langsamen Satz — nach kurzen Presto-Tremoli mit fein gestalteter Dynamik.
Ein auffahrender Wind saust kraftvoll und in eiligen Figuren und eine rasende, oft dramatisch gefärbte Hochstimmung und überbordende Glücksgefühle beschließen den Satz. „Der Herbst“ startet mit tänzerisch-bäuerischen Klängen, durch die die Solo-Violine wie trunken vom guten Wein torkelt. In sich gekehrt und trauernd klingt der langsame Satz, bevor der letzte zur wilden Jagd ruft. Das Zittern vor Kälte spürt man im „Winter“.
Dazwischen fährt die Solo-Violine mit stürmischen Figuren, aber auch das glitzernde Fallen der Flocken kann sie simulieren. Das zauberhafte, kurze Largo singt die Violine, während die Bässe pulsierend grundieren, die Violen in langen Borduntönen klagen und die Geigen Regentropfen im Pizzicato zupfen. Endlich der unsichere Gang über das Eis, wo Rutsch-Glissandi und Abwärtsskalen das Klangbild formen.
Konzertmeisterin Candida Thompson weist mit einem Kopfnicken oder einem Bogenheben die Musiker an und kann sich auf absolutes Verständnis füreinander verlassen. Ebenso überzeugend präsentiert das professionelle Streichorchester Peter Tschaikowskys „Souvenir de Florence“, ursprünglich als Sextett konzipiert.
Im großen Ensemble, wo die Stimmen oft chorisch oder parallel besetzt sind, entfaltet sich die spätromantisch-pulsierende Musik in orchestraler Fülle in perfekter Ausführung.