Gnadenlose Manager im Wahn — und die Ressource Mensch
In der „Grönholm-Methode“ kämpfen die Kandidaten mit Aussicht auf einen bestens bezahlten Manager-Job mit harten Bandagen.
Wuppertal. 30 blaue Lämpchen erhellen das Dunkel der Karte, auf der die Firmenclaims abgesteckt sind. Ebenso kalt wie diese Leuchtmittel ist der Rest des Interieurs, es ist aalglatt und ohne menschliche Haltepunkte (Bühne: Sandra Beckmann). Aber schließlich sollen die vier Bewerber sich bei dem Auswahlverfahren um eine bestens dotierte Managerposition nicht gut oder wohlfühlen.
Bei der „Grönholm-Methode“ geht es nach der Darwin’schen Evolutionstheorie um ein knallhartes „Survival of the Fittest“. Die Premiere des von Ingeborg Wolff inszenierten Theaterstücks erlebten am Freitagabend die Zuschauer im Theater in Cronenberg (TiC). Dem Applaus nach zu urteilen, waren sie begeistert.
Ein Chefpsychologe mit dem Namen Grönholm hatte sie entwickelt, die nach ihm benannte Methode. Sie hat zum Ziel, zum Unternehmen passende Mitarbeiter zu finden. Was sich harmlos anhört, wird zum Psychoterror: Vier Menschen beäugen einander in einem Raum, der zum Käfig wird, versuchen auszuloten, welche Haltungen sich hinter Posen verbergen und müssen nebenbei kniffelige Rätsel lösen.
Einer der Vier könnte beispielsweise ein als Bewerber getarnter Personalchef sein. Erster Kandidat ist Fernando Porta (Oliver Brick), Nadelstreifen für Nadelstreifen ein Mann mit dem Willen zur Macht. Ihm folgt der undurchsichtige Enrique Font (Christof Heußel). Komplettiert wird das Quartett durch die empathische Mercedes Degas (Mirca Szigat) als einzige Frau im Bunde und den pragmatischen Carlos Bueno (Martin Böttcher).
Doch es ist nichts wie es scheint. Klar ist nur: „Wir suchen nicht nach einem guten Menschen, der nach außen das Arschloch gibt. Wir suchen nach einem Arschloch, das nach außen den guten Menschen abgibt!“
Das von Jordi Galceran verfasste Stück beschreibt den ohne Rücksicht auf Verluste geführten Konkurrenzkampf und erzählt gleichzeitig vom Wahn um die Ressource Mensch. Ingeborg Wolff inszeniert die „Grönholm-Methode“ als bittere Komödie, ein dramatisches Spiel zwischen Wahrheit und Lüge, hinterhältig gestellten Fallen, Mut zu Maskeraden und dem ungewollten Geständnis intimster Geheimnisse.
An manchen Stellen wirken die Darsteller von ihren vielschichtigen Rollen leicht überfordert, was man ihnen aber nicht übel nehmen kann, denn es handelt sich beim TiC-Ensemble um ambitionierte Laien, keine Profi-Schauspieler. Doch textsicher spielen sie sich bis zum verblüffenden Ende, welches eher plausibel als wahrscheinlich ist. Der Spannungsboden reißt nicht ab — noch nicht einmal durch die Zäsur der 20-minütigen Pause. We Überraschungseffekte im Schauspiel mag und einen Sinn für Ironie hat, wird mit der „Grönholm-Methode“ im TiC-Theater amüsant bedient.