Akademie: Weltweit einmalig
Tony Cragg ist stolz auf sein neues Amt und ihre legendäre Geschichte. Künstlerische Freiheit ist höchstes Gebot.
Düsseldorf/Wuppertal. Tony Cragg liebt neue Töne. Zur akademischen Feier gestern in der Aula brachte er die berühmten Bläser Markus Stockhausen und Tara Bouman mit. Im Gespräch mit dieser Zeitung nimmt er zur Tradition des Hauses und zu den Zielen für die Zukunft Stellung.
Cragg: Es ist nicht meine Rolle als Rektor, ihn zu verteidigen. Aber er hat jahrelang das neue Hochschulgesetz korrigierend begleitet, die technische und räumliche Ausstattung des Hauses betrieben und die Akademie auf eine gesunde, finanzielle Basis gestellt.
Cragg: Es gibt prinzipiell überhaupt keinen Vorbehalt gegenüber Fotografie, Film und Video. Es wurde nichts unterlassen, die Stellen vollwertig zu besetzen und die Werkstätten optimal auszurüsten, so weit dies möglich ist. Aber es gibt eine gesunde, antizyklische Skepsis gegenüber dem Zeitgeist. Es ist wichtig, dass man nicht alles mitmacht. Nur weil es Mode ist, müssen nicht unbedingt alle Lehrstühle geräumt werden, um sie mit irgendwelchen virtuellen Vorstellungen zu füllen. Ich glaube, dass auch Markus Lüpertz nicht gegen Foto oder Video war. Er war vielmehr entschieden pro Malerei, und das sei ihm gestattet. Sobald eine neue Technik vorhanden ist, heißt dies nicht, dass sie eine produktive Bedeutung hat. Es war Bernd Becher, der dies immer betont hat. Sein Credo lautete: Kunst mittels der Fotografie.
Cragg: Ich als Bildhauer besitze den Glauben an die Wichtigkeit und Bedeutung der Bildhauerei. Sie hat sich von ihrer illustrativen, die Natur nachahmenden Auffassung zum Ende des 19.Jahrhunderts gelöst und ist zu einem tiefgreifenden Studium des Materials geworden. Das Gleiche gilt für die Malerei. Es gibt viele Menschen, die das Denken in Materialien erlernen wollen. Es ist unsere Aufgabe, diese Studien zu ermöglichen. Für unsere Akademie ist nur die Kunst wichtig. Nach der platonischen Vorstellung kann auch ein Wort ein Kunstwerk sein, wenn es Bedeutung hat. Wir werden im Herbst 2011 eine große Ausstellung in unserer eigenen Akademiegalerie machen, die der Fotografie an der Düsseldorfer Kunstakademie gilt.
Cragg: Zurzeit laufen sechs Berufungen, je eine für Bildhauerei, Video, Bühnenbild und Baukunst, zwei für Malerei. Sie werden in kurzer Zeit ausgeschrieben. Hinzu kommen zwei neue Gastprofessoren, die das vorhandene Angebot für jeweils zwei Jahre erweitern.
Cragg: Die lange Liste von Künstlern, die dieses Haus hervorgebracht hat, ist einmalig in der Welt. Auch in letzter Zeit macht die Anzahl ehemaliger Studenten, die heute in nationalen und internationalen Ausstellungen vertreten sind, deutlich, dass wir eine große Tradition fortsetzen. Es gibt keine Kunstakademie in Deutschland, die nicht wenigstens einen, manchmal mehrere ehemalige Studenten als Professoren berufen hat.
Cragg: Das ist die künstlerische Freiheit. Unser Haus hat viel dafür getan, diese Freiheit zu verteidigen. Keiner kann uns vorschreiben, wie wir zu handeln haben und wie die Kunst, die wir machen, auszusehen hat. Unsere Aufgabe für die Zukunft ist es, die Formen, Inhalte und Qualitäten entscheidend zu beeinflussen und sie nicht nur Politikern und Geschäftsleuten zu überlassen.