Autodidaktin zu Gast im „Ort“: Saadet Türköz saugt Klänge auf
Sängerin Saadet Türköz wandelt als „Artist in Residence“ auf den Spuren von Peter Kowald.
Wuppertal. Erstmalig als „Artist in Residence“ im „Ort“, ist Saadet Türköz die vormalige Wohnung Peter Kowalds nicht fremd. Als sie im Juli 2002 ihr erstes Konzert im Café Ada gab, verband sie das nämlich mit einem Besuch bei dem inzwischen gestorbenen Musiker. „Es ist ein tolles Gefühl, wieder hier zu sein. Ich fühle mich sehr wohl“, sagt sie. „Es ist ein Geschenk.“
Saadet Türköz über ihren Aufenthalt in Wuppertal.
„Vielleicht ist mir der ,Ort’ so nahe, weil ich selbst ein solcher Vagabund wie Peter bin“, mutmaßt die Frau, die 1961 in Istanbul geboren wurde und seit Beginn der 1980er Jahre in der Schweiz lebt — unüberhörbar ist ihr leichter schweizer-deutscher Akzent. Als Sängerin bereist sie die Welt — Japan, Amerika, Europa: Überall dort, wo improvisiert wird, ist Saadet Türköz, die nie eine akademische Ausbildung wahrnahm, sondern als Autodidaktin ihren eigenen Stil fand, ein gern gesehener Gast. „Ich habe Klänge aufgesogen und transformiere sie auf meine Weise.“
Genau wegen dieses Könnens ist sie jetzt unter anderem bei Werner Dickel an der Musikhochschule eingeladen. „In drei Workshops unterrichte ich Studenten“, freut sie sich auf die Aufgabe, jungen Leuten jenseits der technischen Facetten einen Einstieg in die Welt der Improvisation zu geben. Als „schönes Experiment“ empfindet sie das gemeinsame Abschlusskonzert am 24. Juni, 19.30 Uhr, in der Hochschule an der Sedanstraße 15.
Als mindestens ebenso „reizvolle Idee“ sieht sie andere Zusammenarbeiten während ihrer Zeit in Wuppertal. Unter anderem gibt sie ein Konzert mit Violinvirtuosin Gunda Gottschalk. Die beiden Musikerinnen sind seit langem miteinander bekannt, außerdem unternimmt sie einen Abstecher nach Antwerpen und Gent, ist bei einem Improvisationsfestival in Breslau dabei und zur Ausstellungseröffnung von William Tucker in Tony Craggs Skulpturenpark zu hören.
Ihre Augen strahlen. Zugewandt und interessiert begegnet sie anderen Menschen, sie ist immer auf der Suche nach Neuem und neuen Wegen. In der Musik, in der sie bevorzugt Unbekanntes auslotet, ebenso wie im Gespräch. „Das wird nie langweilig.“ Den Gang zum Bio-Laden empfindet sie ebenso als Erlebnis wie die Erkundung des Luisenviertels: „Ein tolles kleines Dorf ist das.“
Pina Bausch hat sie gekannt, in Paris begegneten sich die Frauen. 2008 leistete Saadet Türköz dann einen musikalischen Beitrag beim Bausch-Festival. Wie auch bei Peter Kowald empfindet sie den Tod der Tanztheater-Chefin als „großen Verlust“. Doch weil sie ein lebensbejahender Mensch ist, richtet sie ihre Kraft auf die spannenden Aufgaben, die noch bevorstehen, statt Vergangenes über Gebühr zu beweinen: „Mal gucken, was wir mit der verbleibenden Zeit alles machen.“