Barmer Bach-Tage Der Tod in der Musik von Bach und Mozart in einem Konzert

Barmen · Im Eröffnungskonzert der Barmer Bach-Tage fügten sich drei höchst unterschiedliche Werke zu einem vollendeten musikalischen Ganzen zusammen.

Das Eröffnungskonzert der Barmer Bach-Tage fand in der Barmer Citykirche statt.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Unterschiedlicher könnten die Werke nicht sein, die bei der Eröffnung der Barmer Bach-Tage präsentiert wurden: Johann Sebastian Bachs Trauerkantate Actus tragicus BWV 106 von 1707, Wolfgang Amadé Mozarts berühmte Sinfonie Nr. 40 von 1788 und Bachs selten gespielte Missa brevis g-moll BWV 235. In allen Werken geht es um die Endlichkeit und die Vergänglichkeit allen Lebens. Matthias Lotzmann, musikalischer Leiter und Initiator der Barmer Bach-Tage, beleuchtete in großer Dichte und Vielfalt diesen maßgeblichen As­pekt von Bachs Musik. „Mach einmal mein Ende gut“, die Zeile aus der letzten Strophe der Sterbekantate von Johann Sebastian Bach bildete den roten Faden dieses Eröffnungskonzerts und ist zugleich auch das Motto der Barmer Bach-Tage 2022. Es geht um Bachs musikalische Sterbekunst.

„Niemand hat sich so sehr mit dem menschlichen Leiden beschäftigt wie Johann Sebastian Bach“, sagte Stefan Heucke, der Schirmherr der Bach-Tage, in seinem Grußwort. Als Komponist hat sich Heucke intensiv mit Bach beschäftigt und Bachs Musik war wichtig für sein kompositorisches Schaffen.

Das Konzert begann mit einer der frühesten Bachkantaten überhaupt. Von der Empore ertönte ein ungewohntes, wunderbar anrührendes Klangbild. Zwei Alt-Flöten spielten in gegenseitigem Echo über der sonoren Grundlage von zwei Gamben und dem Basso Continuo. Sie wirkten fragil und eindringlich zugleich. Die Chorpartien sowie die intensiven und innigen Soli übernahmen Dorothea Brandt, Heike Bader, Leonhard Reso und Maximilian Schmitt.

Raumakustik ungünstig für die Hörner

Anschließend standen für W.A. Mozarts wahrscheinlich populärste Sinfonie 20 freiberuflich tätige Instrumentalisten auf der Bühne, die sich unter der Leitung von Matthias Lotzmann zur „Capella Pax Westfalica“ zusammengeschlossen haben. In der Sinfonie Nr. 40 g-moll KV 550, die viele schmerzliche Motive enthält, ließen sie unter Lotzmanns präzisem, zurückhaltendem Dirigat mit großer Intensität und emotionaler Tiefe die Dualität von Leben und Tod erklingen, die Mozart genial in Musik gesetzt hat.

Während Streicher, Oboen und Fagotte im Altarraum der Gemarker Kirche beim pulsierenden Beginn, dem rasant dahinrasenden Molto allegro und dem düsteren, melancholischen Menuetto gut zur Geltung kamen, war die Raumakustik für die dramaturgisch wichtigen „bedrohlichen“ Einwürfe der Hörner ungünstig.

Ebenfalls in g-moll, der Tonart, die als ernst, schwermütig oder traurig beschrieben wird, steht J.S. Bachs Missa brevis BWV 235. Klang und Dynamik wechselten zurück zum Barock und das anspruchsvolle Werk geriet beinahe zum Höhepunkt des Konzerts.

Auch hier war die homogene Leistung der Streichergruppe hervorragend. Die Solisten übernahmen wiederum die Partien, die für mehrstimmigen Chor geschrieben wurden. Dorothea Brandt begeisterte mit strahlendem, klangreinem Sopran und Heike Bader meisterte ihre anspruchsvolle Arie mit samtigem Alt. Leonhard Reso sang ausdrucksvoll die Tenorarie, aufs Feinste begleitet von René Eljabi an der Oboe.

Insgesamt fügten sich in diesem außergewöhnlichen und großartigen Konzert drei Werke über die Sterbekunst zu einem vollendeten Ganzen. Stefan Heucke, namhafter Komponist für zeitgenössische Musik, hat zum zweiten Mal die Schirmherrschaft der Barmer Bach-Tage übernommen. Auch in seinem kompositorischen Schaffen spielt J.S. Bachs Mu­sik eine zentrale Rolle. „An Bach kommt kein ausübender und kein schöpferischer Musiker vorbei“, sagt Heucke, der am 6. April um 19.15 Uhr zu einem Komponistengespräch in der Unterbarmer Hauptkirche zu Gast sein wird.