Bravo-Rufe für „Kabale und Liebe“
Schillers Klassiker fesselt die Fans des Taltontheaters. Die Schauspieler lieben, leiden und laufen zur Höchstform auf.
Wuppertal. Einen Klassiker auf klassische Art präsentiert das Taltontheater und wird dem hohen Anspruch von Schillers "Kabale und Liebe" voll gerecht. Die Premiere fand am Samstagabend in der Immanuelskirche statt, die zwar längst nicht ausverkauft war, deren weihevoller kirchlicher Raum jedoch gut zu den ins Abgöttische erhöhten Emotionen, aber auch zu den Standesdünkeln des Stücks passt.
Die Bühne ist leer. Nur zwölf einfache Stühle und ein Tisch geben den Rahmen für die Liebesgeschichte zwischen dem Edelmann Ferdinand und der Bürgerstochter Luise, werden je nach Konstellation des Zusammentreffens gruppiert, bilden Schranken oder vertraute Kreise, Hindernisse oder Podeste.
Die Kostüme, die von Studenten der Düsseldorfer AMD Akademie Mode & Design entworfen und gefertigt wurden, zeigen deutlich und sehr gelungen den jeweiligen Stand der Personen: Während Lady Milford (Angela del Vecchio) ein elegantes Kleid trägt, dessen Rock sich in weiten Faltenwürfen aufbauscht, hängt der weiße Stoff an Luise (Tabea Fresemann) wie bei einem Nachthemd schlicht herunter. Tragen die Damen des Hofes kompliziert hochgesteckte Frisuren mit Häubchen, fallen die langen, blonden Haare von Luise offen in leichten Locken.
Hervorragend sprechen die insgesamt zehn Schauspieler die altmodischen Schiller’schen Phrasen. Regisseur Jens Kalkhorst hat nur sehr behutsam gekürzt - doch trotz der Länge von dreieinhalb Stunden kommt angesichts des fesselnden Stoffs und der sehr guten schauspielerischen Leistung des Ensembles keine Langeweile auf.
Nur eine einzige Irritation gibt es: Patrick Schiefer strahlt den Typus eines zupackenden, bodenständigen Menschen aus. Die Rolle des verträumten, schwärmerischen Ferdinand nimmt man ihm nicht so richtig ab. David Meister wiederum wirkt viel zu nett für den schmierigen, allseits gehassten Sekretär Wurm.
Zur Hochform läuft Angela del Vecchio auf, als Lady Milford über ihre Vergangenheit, über Ehre und Schuld nachdenkt. Mit unglaublich vielen Zwischentönen und Nuancen der Mimik bringt sie das Schwanken der Lady zwischen Trauer, Verzweiflung und Hochmut zum Ausdruck.
Sehr witzig gestaltet Maurice Kaeber den Hofmarschall von Kalb - mit quiekender Stimme, gespitzten Lippen und einem Parfüm, das bis ins Publikumduftet. Hans Jürgen Sittig spielt einen rauen, gutherzigen Vater Miller, und Edmund Wilms als Gegenpart den fiesen, kalten Präsident von Walter, Ferdinands Vater.
Immer wieder grenzt Kalkhorst die Szenen durch kleine Musikeinspielungen ab und beweist damit wieder einmal großes Geschick. Manchmal sind es nur drei oder vier Töne, die jedochgenau die passende Stimmung aufnehmen, dann wieder erklingen ein Stück Requiem, eine Arie oder aufbrausende Orchesterklänge. Am Ende gibt es Bravo-Rufe und stehende Ovationen für eine sehr gelungene Inszenierung.
Ensemble: 5 von 5 Punkten
Regie: 4 von 5 Punkten
Ausstattung: 5 von 5 Punkten