Cornelius Völker: "Kunst kann man nicht lernen"
Wuppertal. Cornelius Völker stellt im Haus der Jugend in Barmen aus. Das Scheitern ist für ihn ein wichtiger Teil seiner Arbeit, wie er im Interview mit der WZ verriet.
Herr Völker, was treibt Sie beim Malen an?
Cornelius Völker: Neugier und Lust am Experimentieren, was man mit Farbe alles machen kann, dazu die Hoffnung und der Perfektionsdrang, ein immer noch besseres Bild malen zu wollen, gleichzeitig aber auch die befreiende Einsicht, dass immer alles auch nur ein Versuch ist — und natürlich die Suche nach etwas Neuem, was es noch nicht gab. Letztlich auch schlicht die Begeisterung und die Liebe zur Malerei und zu Bildern.
Bis zum 27. Mai zeigen Sie Ihre Arbeiten in der Von der Heydt-Kunsthalle im Haus der Jugend. Haben Sie ein Lieblingsbild in der Barmer Ausstellung?
Völker: Nein. Die Ausstellung ist ja bereits eine rigorose Auswahl aus den vergangenen 20 Jahren meines Schaffens. Da ist jedes Bild ein Lieblingsbild! Manche dieser Bilder habe ich seit vielen Jahren nicht mehr gesehen, und es ist sehr schön, zum Teil überraschend für mich, diese alten Bekannten nach so langer Zeit einmal wieder zu sehen.
Sie arbeiten häufig in Serien. Weshalb?
Völker: Zum einen bedeutet das Arbeiten in Werkgruppen für mich eine Intensivierung des Arbeitsprozesses und des Eintauchens in eine bestimmte Motivgruppe. Ich lote aus, was malerisch alles möglich ist, wie belastbar ein Motiv ist — trotz oder wegen seiner vermeintlichen Nichtigkeit oder Unsäglichkeit. Zum anderen interessiert mich vor allem das Generische und Allgemeine eines Motivs, das durch den Serien-Charakter ja betont wird. Während das einzelne Bild stärker das Spezifische eines Motivs beleuchtet, ist in einer Serie eher das Verbindende für mich wichtig. Bei den Meerschweinchen-Bildern ging es mir beispielsweise nicht darum, jedes dieser Tierchen zu porträtieren, sondern zu untersuchen, wie verschiedene Strukturen von Fell malerisch behandelt werden können, und eher so eine Art pseudo-wissenschaftliche Genealogie zu erstellen.
Sie haben sich lange mit Händen auseinandergesetzt. Was hat sie an diesem Motiv gereizt?
Völker: Hände sind so schön unbeliebt bei Malern. Keiner malt gerne Hände. Jeder drückt sich, wo er nur kann, vor dieser schwierigen und undankbaren Aufgabe. Bei den alten Meistern zum Beispiel gab es für ein bestelltes Porträt häufig zwei Preise: Sollte das Bild die Hände enthalten, kostete es das Doppelte.
Weshalb?
Völker: So eine Hand ist ja einerseits ein Instrument und ein funktionales Werkzeug, andererseits aber auch weich, fleischig oder feingliedrig und sehr sinnlich. Das Malen von Händen verzeiht keine Ungereimtheiten. Jeden Fehler, jede Ungenauigkeit sieht man sofort. Grund genug für mich, dieses ungeliebte Motiv anzugehen — und gleich noch in Übergröße. Es ist dann auch erstmal gründlich gescheitert. Die Arbeit von Monaten landete in der Mülltonne und es hat — mit einigen Unterbrechungen — mehrere Jahre gebraucht, um die Bilder so hin zu bekommen, wie ich mir das vorgestellt hatte.
Viele Ihrer Figuren sind buchstäblich kopflos. Warum?
Völker: Ich möchte mich auf das Wesentliche konzentrieren. Da, wo ein Kopf in einem Bild nicht notwendig ist, lasse ich ihn eben weg. In vielen Figuren-Bildern ist der Kopf aber vorhanden. Nur manchmal stört er eben und würde den Blick des Betrachters zu sehr ablenken und auf sich ziehen, würde zu viele Geschichten erzählen oder zu sehr ins Psychologische gehen, so dass ich mich lieber für einen knappen Ausschnitt entscheide.
Sie haben an der Kunstakademie in Düsseldorf studiert. Inzwischen lehren Sie selbst — in Münster. Was zeichnet Sie als Dozent aus? Was möchten Sie Ihren Schülern mit auf den Weg geben?
Völker: Kunst kann man nicht lernen und man kann sie nicht lehren. Insofern geht es mir eher um die Vermittlung einer Haltung, als darum, wie man nun eine Kaffeetasse malt. Natürlich schadet es nicht, wenn man als Kunststudent einen Bleistift in der Hand halten kann, aber Talent ist nicht alles. Da müssen viele andere Dinge noch hinzu kommen: Zum Beispiel eine große Ausdauer und Beharrlichkeit, die Fähigkeit, sich selbst und das eigene Tun immer wieder in Frage zu stellen, Risiken einzugehen oder das Scheitern auch als Teil künstlerischer Arbeit zu begreifen. Die individuelle Kreativität und Flexibilität zu fördern — das ist entscheidend. Und es ist wichtig, mit der großen Offenheit und Freiheit umzugehen, die man als Künstler hat.