Das eiskalte Spiel der Piano-Philosophin

Konzerthalle: Hélène Grimaud gastiert in der Stadthalle.

Wuppertal. Als "Philosophin am Flügel" wird Hélène Grimaud gerne beschrieben. Sie selbst sagt im Heft ihrer neuen CD mit Beethovens fünftem Klavierkonzert, dass sie das Werk "wie ein Biest" empfinde, sich am Ende aber das Biest als Lehrer entpuppe.

Im zweiten Konzert der Reihe "Johannisberg International" konnte man sich in der Stadthalle davon überzeugen, wie sich die Pianistin dem epochalen Werk nähert. Vom Kampf mit dem Biest ist da nicht viel zu spüren.

Vielmehr lotet Grimaud sehr überlegt aus, was Beethoven an dialektischen Bezügen zwischen Klavier und Orchester angelegt hat. Ihr Spiel, auch in den virtuosen Soloparts, regiert Klarheit des Anschlags, intelligente Phrasierung, scharfe Pointierung. Das ist mit Kalkül gemacht - fallen lässt sie sich nicht, den Kampf nimmt sie emotional nicht auf, eiskalt ist ihr Spiel bis ins Herz.

Im Orchestre Philharmonique de Strasbourg mit seinem Leiter Marc Albrecht findet Grimaud die Partner, die ihre Beethoven-Sichtweise mit der eigenen kreuzen: Albrecht liefert mit sattem und fein differenziertem Orchesterklang das Quantum an emotionaler Grundierung, ohne die das Werk nicht auskommt. Dabei bleibt der Klang immer geschmeidig, ist nie auftrumpfend, keinesfalls heroisch. Phrasen lässt der Dirigent ausspielen, Themen bindet er dicht ein und exponiert, wo es nötig ist.

Zusammen mit der analytischen Sichtweise der Pianistin gelingt so eine umwerfend eingängige, unsentimentale und überzeugende Deutung. Im choralartigen Adagio etwa perlt die Klaviermelodie wie glitzernde Tautropfen, sanft und hingebungsvoll modelliert das Orchester die sehnsuchtsvolle Musik und lässt Endungen lang ausklingen. Eine neue Philosophie transportiert die Musik nicht, wohl aber eine neue Sichtweise auf ein alt bekanntes Werk.

Stadthalle Am 9. Januar, 20 Uhr, treten die Dresdner Kapellsolisten mit Norbert Blüm (Erzähler) auf. Karten gibt es unter Ruf 5694444