Der Barbier von Sevilla kehrt zurück
Johannes Weigand setzt die Rossini-Oper erneut in Szene — neun Jahre nach dem ersten Mal.
Herr Weigand, „Der Barbier von Sevilla“ beschäftigt Sie nicht zum ersten Mal. Bereits im Mai 2003 setzten Sie die komische Oper im Opernhaus in Szene. Weshalb setzen Sie nun erneut auf Rossini?
Johannes Weigand: Die kommende Opern-Spielzeit widmet sich der spanischen Musik — mit diesem Länderschwerpunkt ist „Der Barbier von Sevilla“ natürlich eines der dafür prädestinierten Werke. Rossinis Opern mit ihrer unnachahmlichen musikalischen Brillanz, der mitreißenden Handlungskomik und dem überschäumenden Temperament werden seit mittlerweile zwei Jahrhunderten vom Publikum hochgeschätzt, und das gilt natürlich ganz besonders für seine erfolgreichste Oper „Der Barbier von Sevilla“. Die Wuppertaler Inszenierung wurde 2003 vom Publikum begeistert bejubelt, und auch die Sänger schätzen sie in ihrer Schlichtheit des Bühnenbildes, das dafür umso mehr Raum für Spielfreude gibt.
Was wird die neue Version von der ersten unterscheiden?
Weigand: Mehrere junge Sänger aus unserem Ensemble geben in dieser Oper ihr Rollendebüt. Christian Sturm wird erstmals den jungen Conte Almaviva singen, und Miljan Milovic wird in der Hauptpartie des Figaro zu sehen sein. Er singt die Rolle alternierend mit Thomas Laske, der neben Elena Fink und Dariusz Machej schon 2003 dabei war. Außerdem stellt sich ein neuer Bass in unserem Opernensemble, Martin Jeaseok Ohu, mit dem Don Basilio schon in der laufenden Spielzeit dem Publikum vor. Durch junge und neue Sänger ändert sich natürlich auch immer das Bühnengeschehen, da jeder seine Figur individuell interpretiert. Die Inszenierung bleibt in Bühnenbild, Kostümen und auch dem Konzept die von 2003, aber in vielen kleinen Details und Nuancen ist sie aufgefrischt und von den jetzigen Sängern gestaltet.
Die Uraufführung 1816 war ein katastrophaler Misserfolg. Die Anhänger von Rossinis Konkurrenten Paesiello schlugen Krach. Eine falsch gestimmte Gitarre gab Anlass zum Randalieren. Als ein Sänger der Länge nach hinfiel, war das Lachen im Publikum groß. Und mitten im ersten Finale spazierte plötzlich eine Katze über die Bühne. Dann aber setzte das Stück zum Siegeszug auf den Opernbühnen der Welt ein. Wodurch erklären Sie sich den Erfolg der Oper?
Weigand: Der Misserfolg der Uraufführung ist wohl teilweise auf eine gezielte Stimmungsmache zurückzuführen. Als die Oper kurze Zeit später unter dem heutigen Titel an einem anderen Theater aufgeführt wurde, stellte sich sehr schnell ein großer Erfolg ein. Ganz Europa war im beginnenden 19. Jahrhundert vom Rossini-Fieber erfasst, natürlich sehr zum Missfallen vieler anderer Komponisten, die keine solchen Erfolge feiern konnten. Rossini war ein absoluter Theatermensch. Er hatte einen genauen Spürsinn für erfolgversprechende Opernstoffe, ein gutes Händchen bei der Wahl seiner Librettisten und er war ein genialer Komponist. Bei ihm findet man eine ungeheure Ausdrucksvielfalt, rasante Tempi, höchst virtuose Koloraturen, großen melodiösen Erfindungsreichtum und eine einzigartige musikalische Komik. Es ist also eher schwierig, sich vorzustellen, dass „Der Barbier von Sevilla“ kein Erfolg geworden wäre.
Wie werden Bühne und Kostüme aussehen?
Weigand: Die Bühne ist ein schlichter weißer Rundhorizont, vor dem zwei in alle Richtungen drehbare Wände stehen, so dass alle nötigen Räume, wie die Straße vor Bartolos Haus oder das Musikzimmer durch wenige Handgriffe „gebaut“ werden können. Ein sehr wandelbares Bühnenbild also, das durch virtuos eingesetzte Farbenvielfalt in der Beleuchtung immer wieder ganz unterschiedlich dämmert, blitzt und erstrahlt. Fantasievolle Kostüme mit vielen liebevollen Details, aufwendige Roben, strenge Uniformen und historisierende Gehröcke bilden einen schönen Kontrast dazu und lassen eine unterhaltsame Commedia-dell’arte-Handlung entstehen.
Die Bühnen haben turbulente Zeiten hinter sich: Die Spardiskussionen haben überregional Schlagzeilen gemacht. Dank der Theaterfreunde und der angekündigten finanziellen Unterstützung Stadtsparkasse scheinen sich die schlimmsten Befürchtungen jedoch nicht zu bewahrheiten. Wie bewerten Sie die aktuelle Lage? Und wie wichtig ist die geplante neue kleine Bühne für die Opern-Sparte?
Weigand: Es ist ein ungeheures Glück, dass Wuppertal Bürger hat, die ihrem Theater in Notzeiten so großzügig helfen. Dies hat in Wuppertal Tradition und ist ein hohes Gut. Dennoch muss sich das Theater unter den neuen Voraussetzungen neu definieren, denn zu der ab 2014/15 voll greifenden Zuschusskürzung kommt die tarifliche Erhöhung der Gehälter und Gagen, die einen Verlust für die künstlerischen Etats bedeutet. Meine Kollegen und ich arbeiten derzeit an Konzepten, wie das Theater unter den neuen Bedingungen arbeiten kann. Bei der künstlerischen Qualität wollen und dürfen wir keine Abstriche machen.