Die neuen Intendanten der Wuppertaler Bühnen geben Gas
WZ-Interview: Christian von Treskow und Johannes Weigand haben große Pläne für die Wuppertaler Bühnen.
Herr von Treskow, Herr Weigand, im September eröffnen Sie Ihre erste gemeinsame Spielzeit. Mit welchen Zielen treten Sie an?
Christian von Treskow: Wir möchten das Theater in der Stadt präsenter und bekannter machen - und den Spielplan stärker thematisch ausrichten als bisher.
Johannes Weigand: Wir wollen Impulse geben - für die Stadt, aber auch darüber hinaus. Für Wuppertal ist wichtig, dass das Theater auch außerhalb der Stadtgrenzen stärker wahrgenommen wird.
Von Treskow: Wir haben kein Spielzeit-Motto für eine Saison, sondern denken in einem Zeitraum von mehreren Jahren. Wir planen langfristige Projekte, die sich spartenübergreifend berühren und überschneiden. Wir wollen den Blick in die Zukunft richten. Für das Schauspiel heißt das: Wir versuchen, eine aktuelle Bestandsaufnahme zu machen - unter zehn verschiedenen Aspekten. Dazu zählen zum Beispiel Ökonomie, Ökologie, Wissenschaft und Demographie.
Weigand: Eine wichtige Rolle spielen in beiden Sparten Migrationsfragen. In der ersten Saison kreist in der Oper vieles um Griechenland, das Reisen, Fremdsein undHeimkommen. Weitere Zuwanderer-Länder werden in den kommenden Spielzeiten im Fokus stehen.
Von Treskow: Ja, wir wollen neue Zuschauer für das Haus gewinnen - zusätzlich zu denen, die wir schon haben. Nicht nur jüngere Studenten, sondern vor allem Menschen zwischen 30 und 50, die mitten im Leben stehen, für die es aber schwierig ist, Theater in ihr Familienleben zu integrieren. Und wir setzen auf Zuschauer, die ihre Wurzeln außerhalb unseres Landes haben. Zugewanderte sind ein großes Potenzial.
Weigand: Deshalb öffnen wir uns auch. Wir möchten nicht nur die großen Opern-Fans ansprechen, sondern haben sehr unterschiedliche Formen im Programm und wollen an die Ränder des Repertoires und der Genres gehen.
Von Treskow: Ja, es ist ein Zeichen dafür, wie wichtig uns eine feste kleine Spielstätte ist. Das kann man nicht hoch genug einschätzen. Wir können parallel spielen, das erleichtert die Situation extrem. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie eng es ist, wenn drei Sparten in einem Haus untergebracht sind. Natürlich ist es auch ein programmatisches Zeichen: Wuppertal ist eine Großstadt mit einem großen Umfeld, aber auch mit einem ausgeprägten kommunalen Selbstverständnis. Das muss sich im Spielplan spiegeln. Wir wollen nicht nur Klassiker zeigen, sondern auch Experimentellem eine Plattform geben. Das ist auf der großen Bühne nicht machbar.
Von Treskow: Wir halten uns an Beschlüsse. Der Rat hat beschlossen, das Schauspielhaus zu renovieren. Bis die Baumaßnahmen tatsächlich beginnen, können wir das Foyer als Spielstätte nutzen. Derzeit wird mit einer Planungsphase von zwei Jahren gerechnet. Das allein zählt. Und deshalb kann ich nur betonen: Das Schauspielhaus wird in den kommenden Spielzeiten von uns belebt und bespielt. Außerdem wird es nun einen großen Bedarf geben, die Stücke von Pina Bausch zu zeigen. Wuppertal ist also gut beraten, das Schauspielhaus weiter in Betrieb zu haben.
Von Treskow: Im Mai 2005. Johannes war mit in Italien - als ich für die Wuppertaler Bühnen die Komödie "Der Diener zweier Herren" inszeniert habe. Lustigerweise war er als Souffleur dabei.
Weigand: Wir hätten uns allerdings schon 20 Jahre vorher kennenlernen können. Wir haben festgestellt, dass wir uns beim Studium im Hamburg knapp verpasst haben. Wir haben in derselben Wohngemeinschaft gelebt.
Von Treskow: Ja, in einer Villa mit sieben Zimmern. Johannes ist ausgezogen und ich bin zwei Monate später eingezogen - in den sogenannten "Knast", in ein ganz kleines Zimmer. Wir haben uns also knapp verpasst.
Weigand: Wir freuen uns natürlich riesig - weil wir uns gut kennen. Wir sind aber auch erschöpft, weil wir in den vergangenen Wochen mit Hochdruck für unsere Eröffnungs-Inszenierungen geprobt haben.
Von Treskow: Mit der Familie im Süden.
Weigand: Ich fahre nach Athen - privat, aber auch beruflich.
Weigand: Auf das Singspiel "An der Arche um Acht" und die"Griechische Passion" - ein so riesiges Stück ist ein großes Wagnis.
Von Treskow: Ich freue mich auf die unterschiedlichen Regisseure und das Ungewöhnliche. Wir werden zum Teil unkonventionelle Regie-Handschriften haben.
Weigand: Vor allem seine Arbeit als Regisseur. Wir können gut über die Arbeit des anderen reden - das ist nicht selbstverständlich. Wir pflegen einen engen Austausch. Ich mag die Musikalität seiner Arbeiten und ich schätzedas Vertrauen, das sich gebildet hat.
Von Treskow: Künstlerisch schätze ich seine Arbeit als Regisseur. Ich mag auch seinen Führungsstil als Ensemble-Leiter.
Von Treskow: Klar und deutlich, aber niemals autoritär. Johannes operiert immer mit Sachargumenten. Ich konnte in den vergangenen Jahren viel von ihm lernen. Ganz persönlich schätze ich die deutliche Abwesenheit von Neid. Regisseure unter sich sind in der Tat immer in Gefahr, Erfolge eines anderen zu beneiden - oder sich über Misserfolge zu freuen. Wir sehen das anders: Je mehr Erfolg jemand hat, desto besser ist es für das ganze Haus.
Von Treskow: Wenn wir es geschafft haben, Wuppertal einen positiven Schub zu geben und etwas von unserer Energie in die Stadt hineinzugeben. Ein Neustart am Theater kann eine Stadt verändern und aufrütteln.