Die Wuppertaler Sinfoniker entdecken die slawische Seele

Julian Steckel gastierteam Sonntag in der Stadthalle. Heute tritt der Cellist erneut auf.

Wuppertal. "Slawisch-heroisch" war gestern das 4.Sinfoniekonzert in der Stadthalle überschrieben - ein Titel, der nur bedingt greift. Dimitrij Schostakowitschs zweites Cello-Konzert in G-Dur trägt zwar slawische Züge, doch der heroische Gestus fehlt weitgehend.

Wunderbar zart, mit zitternd-weinendem Cello-Ton hebt der junge Cellist Julian Steckel das von einem Largo ungewöhnlich eingeleitete Konzert aus der Taufe. Und diese düstere Stimmung, in der selbst Melodisches immer klagend klingt und das Herz schwer macht, behält der Kopfsatz bei, auch wenn aggressive Zupf-Schläge und Bläser-Schreie schon die Wucht des "Allegretto" ankündigen.

Subtil karikiert der Komponist das vom repressiven Stalin-Regime geforderte Pathos: Martialisch künden Cello- und dumpfe Paukenschläge Unheil an, schreien Flöten kreischend Unrecht heraus. Das klingt primitiv und barbarisch, bevor der Cellist sein Instrument in tiefer, sonorer Lage mit fein schleifenden Glissandi - und von Harfenklängen begleitet - singen lässt.

Niemals hypertrophiert Steckel den Ausdruck, bleibt mit seinen Deutungen ganz im Dienst der Komposition. Das gilt ebenso für den versiert und souverän leitenden Dirigenten Yuri Simonov, der die reiche Klangfarbigkeit der Komposition deutlich herausstellt: Die schneidende Schärfe der Schlagwerke und herbe Bläsersignale entfalten so in treibendem Tempo ihre suggestive Kraft.

Die Wuppertaler Sinfoniker folgen dem präzise Dirigat aufmerksam und erreichen so größtmögliche Ausdrucks-Qualitäten. Im Finalsatz erklingt noch einmal das rhythmisch-motorische Getümmel, bevor sich Melodisches und Rhythmisches sinnfällig verwebt und das Cello, begleitet von klirrenden Schellenrasseln, lange chromatische Passagen mustergültig hinabgleitet.

Endlich haucht das Solo-Instrument mit langem Ton eine sanfte Elegie fahl aus. Nur noch die Sarabande aus Bachs dritter Cello-Suite kann die ergreifende Musik toppen: Steckel spielt sie berührend schlicht und mitatmend als Zugabe.

Wirklich heroisch geht es in Alexander Borodins zweiter h-Moll-Sinfonie zu, der Kriegerversammlung, Bardengesang und eine turbulente Festszene darstellen wollte. Einprägsame Leitmotive und Melodien von volksliedhafter Schlichtheit durchziehen die Sätze, aus denen die slawische Seele spricht. Intensiv, aufwühlend und überzeugend präsentiert das Orchester die patriotisch geprägte Sinfonie unter Simonovs prägendem Dirigat. Das Konzert wird am Montag um 20 Uhr in der Stadthalle wiederholt. Karten gibt es unter der Rufnummer 569 44 44.