Ein gestiefelter Kater zum Mitspielen
Das Marionettentheater zaubert ein neues Stück aus dem Koffer: Es feiert morgen Premiere und geht dann auf Tour durch Kitas und Schulen.
„Der gestiefelte Kater“ wird morgen eine Premiere der kleineren Sorte. Nicht weil es ein Stück von Müllers Marionettentheater ist, mit seinen naturgemäß kleineren Darstellern. Dieses aber gehört zu den mobilen Stücken des Hauses - und passt in einen Koffer.
Die dritte Produktion „Theater aus dem Koffer“ widmet sich also Grimms listigem Vierbeiner mit dem markanten Fußkleid. Und mag es auch weniger ein Koffer sein als ein Kasten, was da erst verhüllt vor dem jungen Publikum steht: Aus knappem Raum zaubert er eine Welt hervor. Minimal ist mit „Solist“ Markus Welz auch die Zahl der Akteure: Ein Puppenspieler stemmt das Stück.
Die Ausmaße sorgen natürlich für Einschränkungen gegenüber einer festen Produktion: Wenn der Kater bald in Schulen und Kindergärten kommt, werden seine Abenteuer nicht mit Licht oder Musik begleitet. Aber diesen Sonntag — der einzigen Aufführung am Neuenteich — lässt sich gut erleben, dass das dem Spaß und der Spannung kaum Abbruch tut.
Ganz ungewohnt dabei: Welz ist über der hochgeklappten Kleinbühne ständig zu sehen und dadurch zwangsläufig Mitspieler. Der Mann an den Fäden redet die Kinder direkt an, setzt stark aufs Mittun und macht aus der Platznot so eine Tugend, besser: ein Mitmachvergnügen. „Ich hab doch nur zwei Hände“, klagt der Mann und bittet zwei Kinder um Hilfe: Eines assistiert als Sonne mit entsprechendem Schild, eines als Mond - fertig ist die Nacht.
Gar nicht eingeschränkt dagegen: Die Puppen. Müllersbursch und Kater erscheinen als erstes der massiven Schmuckstücke, wie man sie kennt und liebt am Neuenteich. Zur Vorgeschichte sind Minifiguren zum Einsatz gekommen, als der Müller dem Jüngsten nur das scheinbar wertlose Tier vererbte. Dass es in Wahrheit sprechen kann (selbstredend gibt ein Mann alle Sprechrollen) und überhaupt recht clever ist: Die schön gearbeiteten Marionetten unterstreichen diese Bedeutung gewohnt wirkungsvoll.
Der Spieler selbst wird beim Kofferstück zum prägenden Element. Markus Welz zeigt außer Spielen und Sprechen kindgerechte Dauerpräsenz - ständig im Blick des gern ja mal kritischen Jungpublikums. Auch theatral gedacht ist das reizvoll - eine Übung vielleicht, sich einzulassen: Die Bühnensituation ist ja denkbar offensichtlich. Wenn sich der König hungrig die fehlenden Lippen leckt und vertretungsweise Welz die Zunge kreisen lässt, dann ist überdeutlich, dass gespielt wird.
Mag man die Fäden sonst noch übersehen, ist beim Spiel aus dem Koffer der Mensch auszublenden, will man als Zuschauer zur Illusion finden. Die Kinder bei der Generalprobe wollten jedenfalls und gingen gespannt und hörbar mit. Ganz praktisch wiederum die Vorzüge von Marionetten gegenüber schnöden Schauspielern oder Handpuppen: Sekundenschnell springt einmal der schnurrende Titelheld am Faden hoch und landet auf der Mauerkante. Wie es schöner kaum geht nach Katerart.