Taltontheater Schillers Räuber: Eine Masse im roten Muskel-Shirt

Die Inszenierung im Taltontheater beeindruckt mit starken Bildern.

Schillers Räuber waren im Taltontheater zu sehen.

Foto: Joachim Schmitz

Wuppertal. Starke Bilder findet Jens Kalkhorst für seine Inszenierung von Schillers „Die Räuber“ im Taltontheater. Alleine der Rahmen des Anfangs- und Schlussbildes: Zu Beginn halten die beiden hoffnungsvollen Jünglinge Franz und Karl Moor dicke Eisenstangen zu einem „V“, ein rechtes Arbeiterdenkmal und die Hoffnung auf „Victory“ (Sieg). In der Mitte sitzt Vater Moor auf einem goldenen Sessel. Am Ende jedoch liegen Vater und Söhne, Kumpane, Angebetete und Bedienstete tot, verstreut über die ganze Bühne.

Das eindrucksvolle Bühnenbild von Rüdiger Tepel verstärkt die Bilder: Auf schrägen Holzplanken bewegen sich die Darsteller; anfangs liegt noch ein Teppich darüber und gibt Halt, doch später werden einzelne Bretter entfernt und es droht ständig der Absturz. Ein Gewirr aus Holz- und Eisenstangen begrenzt die Spielfläche, ebenso Wald wie Kriegsgerät.

Dennis Ellerbrake und David Meister spielen die beiden ungleichen Brüder. Ellerbrake gibt den hinterhältigen Franz als weinerlichen Kerl, der sich vom Vater ungerecht behandelt fühlt. Die gemeine Kälte nimmt man ihm nicht ganz ab, mit der er erst den Brief des Bruders fälscht und damit für dessen Enterbung sorgt, schließlich sogar den Vater erwürgt.

Ihm gegenüber steht David Meister als beliebter, begabter Karl, der sich allerdings in liederliche Gesellschaft begeben hat. Statt zu studieren hat er sich in Wirtshäusern herumgetrieben. Sein Bruder verweigert ihm die erhoffte Vergebung beim Vater. So nimmt er die Bitte seiner Kumpanen an und wird ihr Räuberhauptmann. Meister verkörpert das Wilde und Freiheitsliebende dieses Räubers ebenso wie das Schwärmerische und seine Gutherzigkeit. Dazwischen steht Michael H. Herrmann als alter, leicht zu beeinflussender Vater.

Die Räuber lässt Kalkhorst als Masse auftreten: Alle tragen rote Muskel-Shirts zur Jeans. Oft stehen sie wie eingefroren da, während Karl agiert. Durch diese unbewegliche Präsenz werden sie zur Masse, in der der Einzelne keine Bedeutung mehr bekommt. Auch die Rolle des heimtückischen Spiegelberg (Robin Schmale), der Karl zu den Räubern holt und heimlich gegen ihn agiert, bleibt eher im Hintergrund.

Der Fokus liegt ganz auf den beiden Brüdern und der Frage, warum sie beide — jeder auf seine Art — zu Verbrechern werden. Für sich selbst hat Jens Kalkhorst die Rolle des Pastors reserviert, der mit dem Glauben an eine höhere Ordnung von den Räubern vergeblich die Auslieferung von Karl verlangt. Nach gut zweieinhalb Stunden spendet das Premierenpublikum viel Applaus und Bravo-Rufe. tah