Große Orgel hat Termine frei

Das prachtvolle Instrument in der Stadthalle wird nur an wenigen Tagen im Jahr genutzt.

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Wuppertal. Die große Sauer-Orgel in der Stadthalle ist ein Prachtinstrument: Die Ausstattung ist mit 4706 Pfeifen, 67 Registern und 256-facher Setzer-Kombination, mit Glockenspiel, spanischen Trompeten und Fernwerk schon von sich aus üppig.

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„Das wirklich Besondere ist aber das Verhältnis des Instrumentes zum Raum“, sagt der Organist Wolfgang Kläsener. In einer Halle habe man normalerweise einen sehr trockenen Klang, die Orgel brauche aber den weihevollen Klang aus einer Kirche: „In der besonderen Akustik der Historischen Stadthalle kann sich unsere Orgel gut entfalten.“

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Rund eine Million Mark hat die Familie Mittelsten Scheid 1991 gespendet, damit die Stadthalle zur Komplettrestaurierung auch eine neue Orgel bekommt. Der Freundeskreis Wuppertaler Orgeltage sammelte parallel mehrere zehntausend Euro und steuerte das schwellbare Fernwerk im Dachstuhl bei — dieses Element, das man vor allem für romatische Stücke braucht, haben die wenigsten Orgeln.

Doch all das wird nur an wenigen Tagen im Jahr genutzt. „Wir haben immer wieder die Sorge, dass die Orgel nicht so oft gespielt und ihrer Qualität entsprechend wahrgenommen wird, sagt Kläsener, der sich als Kustos der Orgel um ihr Wohlergehen kümmert.

„Wir sind sehr daran interessiert, dass dieses tolle Instrument vernünftig genutzt wird“, sagt Silke Asbeck, Geschäftsführerin der Stadthalle. Aber bis jetzt ist das Angebot begrenzt. Vier Mal pro Spielzeit veranstaltet sie in Kooperation mit dem Sinfonieorchester Orgelakzent-Konzerte. „Der frühere Generalmusikdirektor Toshiyuki Kamioka war gar kein Orgelfreund. Es zeichnet sich ab, dass Julia Jones dafür offener ist“, sagt Asbeck.

Ordentlich Wind in die Pfeifen bekommt das Instrument beim internationalen Orgelwettbewerb, der alle zwei Jahre stattfindet. 2015 spielten innerhalb einer Woche 38 Teilnehmer auf der Orgel. Sowohl die Konzerte als auch der Wettbewerb wären ohne Sponsoring nicht zu realisieren: Jörg Mittelsten Scheid unterstützt auch sie zuverlässig.

Das Interesse an Führungen hält sich. Wachsender Beliebtheit erfreut sich die Orgel bei Firmenveranstaltungen: zur Einlass-Untermalung, wenn der große Saal geöffnet wird. Silke Asbeck: „Für diese Anlässe kommen Wolfgang Kläsener, Joachim Dorfmüller oder Matthias Haenel und spielen zehn Minuten.“

Dennoch ist die Orgel für Asbeck ein „Nischeninstrument“, denn zu Konzerten kommen 300 bis 500 Besucher. „Orgelkonzerte sind etwas Spezielles geworden. Vor 50 Jahren gingen die Menschen regelmäßig in die Kirche und hörten ständig Orgelmusik“, meint Kläsener. Heute sei ihnen das Instrument fremd.

Winfried Bönig, Domorganist in Köln und Mitglied der Jury für den internationalen Orgelwettbewerb, sieht das genau anders herum: Deutschland habe so viele Orgeln wie kein anderes Land. Daher gebe es auch ständig ein opulentes Angebot an Orgelkonzerten. Mit den Besucherzahlen könne Asbeck gut zufrieden sein.

Unter Organisten hat die Orgel einen ausgezeichneten Ruf, mit ihrem Klangreichtum inspiriert sie zu Variationen. Das ergibt sich oft beiläufig, denn die Musiker müssen sich bei Gastauftritten ausführlich einspielen. Kläsener: „Für jedes Werk braucht man mindestens eine Stunde.“ In der Zeit kann man auf Ideen kommen.