Einmalige Erinnerungen an den Vorabend des Weltkriegs

Reiner Rhefus spricht im WZ-Interview über seine Ausstellung zur Genossenschaft und die bundesweite Resonanz darauf.

Foto: Uwe Schinkel

Herr Rhefus, vor gut zwei Monaten haben Sie in der ehemaligen Konsumgenossenschaft „Vorwärts“ die Ausstellung „Mit uns zieht die neue Zeit“ zur Geschichte der Genossenschaften am Vorabend des Ersten Weltkriegs eröffnet. Wie ist die Resonanz?

Reiner Rhefus: Wir sind ganz zufrieden mit der Resonanz. In den ersten neun Wochen haben etwa 1000 Besucher die Ausstellung angeschaut. Durch den Ausstellungsverbund von etwa 14 Ausstellungen und die regionale Werbung, die über den Landschaftsverband Rheinland (LVR) organisiert wird, kommen auch viele Besucher aus benachbarten Großstädten wie Köln oder Essen.

Die Schau ist Teil einer rheinlandweiten LVR-Reihe zur Geschichte der Region im Jahr 1914. Kann die vergleichsweise kleine Genossenschaft neben Konkurrenten wie dem Museum Zollverein bestehen?

Rhefus: Wir können uns sicher nicht vergleichen mit den großen Ausstellungen in Bonn oder Essen. Diese Erwartung hatten wir auch nicht. Doch wir hatten schon erwartet, dass es mehr Anfragen nach Führungen von auswärtigen Städten gibt. Das ist bislang kaum der Fall.

Die meisten Führungen wurden bisher von Wuppertaler Vereinen und Kirchengemeinden nachgefragt. Mit diesem lokalen Interesse sind wir jedoch sehr zufrieden. Gab es Anerkennung aus der Fachwelt?

Rhefus: Schon durch die regionale Zusammenarbeit bei der Vorbereitung der Ausstellung kamen wir ins Gespräch mit benachbarten Museen und Historikern benachbarter Universitäten. Unser Projekt löste dort oftmals Erstaunen aus. Wir bekamen viel Anerkennung. Und wir ergriffen die Gelegenheit, über den Tellerrand der Stadtgeschichte zu schauen. Mit unserer Ausstellung scheinen wir in Deutschland zum Thema Konsumgenossenschaften zu einem einmaligen Erinnerungsort geworden zu sein.

Inwiefern?

Rhefus: Nur in Hamburg gibt es eine vergleichbare Ausstellung. Aber in keiner anderen Stadt gibt es wie hier in Wuppertal drei erhaltene ehemaligen Genossenschaftszentralen. Wir bekamen Anfragen von deutschlandweiten Sendeanstalten wie etwa dem Deutschlandfunk oder von Fachzeitschriften, etwa der Zeitschrift „Industriekultur“, die über die Ausstellung und das Baudenkmal berichtet haben.

In einem Satz: Warum sollten Wuppertaler die Ausstellung besuchen?

Rhefus: Man erfährt viel über die Lebens- und Arbeitsverhältnisse der einfachen Leute um 1900, über eine erstaunliche Erfolgsgeschichte von Selbsthilfe und wie sich diese mit der Utopie einer gerechteren Gesellschaft verbunden hat.