Elektronische Musik Emerge und Guiguisuisui treten bei Grölle auf
Wuppertal · Mathias Mayer rief vor 15 Jahren die Konzertreihe „fragments“ für experimentelle, elektronische Musik ins Leben.
Er sei immer schon ein Musikfreak gewesen, sagt Mathias Mayer. Meint damit sowohl das eigene Musizieren als auch das Organisieren von Konzerten. Seit 15 Jahren bereichert er die Wuppertaler Szene mit der Konzertreihe „Fragments“, die sich vornehmlich der experimentellen, elektronischen Musik widmet. Am kommenden Montag naht das letzte Event vor der Sommerpause: In der Galerie Grölle pass:projects gibt es ein süddeutsch-chinesisches Gastspiel.
Die Vorgeschichte von „Fragments“ ist lang und hat viel mit der Wuppertaler Musik- und Clubszene zu tun. Sie beginnt in Solingen, wo Mathias Mayer aufwuchs und schon als Kind in Kirchenchören sang. „Ich habe eine durchaus klassische Musikausbildung“, erzählt der heute 60-Jährige. Mit 20 Jahren kam er nach Wuppertal, um Germanistik und Politik zu studieren. Es waren die 80er Jahre und Mayer schwamm mit seiner Band „Popanz Project“ auf der New Wave-Welle mit. In den 90er Jahren wurde er Teilhaber des Beatbox-Clubs an der Hofaue, wo „HipHop, Jazz, viel schwarze Musik gespielt wurde“. In dieser Zeit begann auch seine Teilhaberschaft am Café Thalia im Köbo-Haus, „wo ich für die Musikauswahl zuständig war“. Seine Entscheidung für „Elektro, gehobenen HipHop, Krautrock et cetera kam gut an“. So gut, dass ein Stammkunde aus New York ihm empfahl, eine Konzertreihe daraus zu machen. „Der Mann verschwand zwar danach, aber die Saat blieb“, lächelt Mayer.
2004 hob er die „Fragments“ (zu Deutsch Bruchstücke)-Konzertreihe aus der Taufe. Der Name korrespondiere mit der abstrakten, elektronischen Musik, die ebenfalls mit Fragmenten arbeite und die Welt nur bruchstückhaft wahrnehme, erklärt er die Titelwahl. Bis 2009 organisierte Mayer im Thalia, im Chili Royal und auch mal im U-Club Konzerte. Dort auch einmal das Festival „Floating Fragments“, das „ein finanzielles Desaster“ wurde und ihn bestärkte, „beim kleinen Format zu bleiben“. Als vor zehn Jahren die Location wegbrach, setzte Mayer bewusst aus: „Das war dann auch mal gut“.
Der Neubeginn hängt mit seinem Freund Jürgen Grölle und dessen Galerie zusammen, die er 2010 an der Friedrich-Ebert-Straße eröffnete. „Er verfolgt ein offenes Konzept mit seiner Galerie, vom Suppenessen bis zu philosophischen Abenden, und hat mich gefragt, ob ich bei ihm meine Konzerte organisieren will.“ Die Atmosphäre mit Wupper, Schwebebahn und abstrakter Kunst passe gut zu den psychedelischen Konzerten. Sechs bis acht davon finden seither pro Jahr in den beiden ehemaligen Fabrikräumen statt, die Platz für 30 bis 50 Leute bieten. Die kommen hälftig aus Wuppertal, hälftig von weiter her - „die Szene fährt gerne schon mal 200 Kilometer“. Werbung für die Konzerte ist nicht nötig, man ist vernetzt – bei Facebook hat Mayer die Seite fragments-concerts eingerichtet. Karten werden an der Abendkasse gekauft.
Mayer mag die unaufdringliche ambient-Musik, „die an die drone-Musik mit ihren tiefen, gleichbleibenden Grundtönen andockt, die ich verstärkt mache“. Oberste Prämisse für die Auswahl der Bands, die bei ihm spielen. Die müssen natürlich auch bezahlbar sein, heißt günstige Konditionen anbieten. Dabei hilft der gute Ruf der Konzertreihe in der Szene und so manche Lücke im Tourkalender der Musiker. Dennoch sind die Veranstaltungen keine finanziellen Selbstläufer. „Das ist mein Baby, im Idealfall steht finanziell eine Null am Ende.“
Dass die Künstler „nicht nur Knöpfchendreher sein dürfen, die nur Laptops bedienen können, was ziemlich unsexy ist, sondern auch wirklich Instrumente spielen können“ ist ein weiteres Kriterium für oder gegen einen Auftritt. Mayer will Musiker, deren Stil analoge und digitale Elemente mischt, die ihre Kunst nicht dem Erfolg unterordnen, sondern authentisch sind. Gerne bringt er auch internationale mit Wuppertaler Künstlern zusammen. „Wir haben ein extrem fachkundiges Publikum in Wuppertal. Die Bands kommen gerne auch wieder. Ich mache das aber nur, wenn sie was Neues haben“, erzählt Mayer, der mittlerweile eine Warteliste führt. Die Band Nadja nannte nach ihrem Auftritt eine Platte gar „Sonnborner“. Klar, dass Mayer ein Exemplar besitzt.
Am Montag, 22. Juli, nun treten „Emerge“, hinter dem der Augsburger Sascha Stadlmeier steckt, und das Duo „Guiguisuisui“ aus China auf, die gerade zusammen auf Charon Europe Tour sind. Wuppertal sei einer von nur vier Orten in Deutschland, die die chinesischen Künstler ansteuern, erzählt Mayer stolz. Sie bringen eine aufwendige Diashow mit, versprechen einen theatralischen, fast rockigen Auftritt, bei dem sich die Grenzen von Musik, Schauspiel, Malerei auflösen. Stadlmeier dagegen, den Mayer schon lange kennt und der wie er Musiker und Veranstalter in einem ist, stehe für concrète, moderne E-Musik. Sein Projekt „Emerge“ verschreibe sich dunklen, abstrakten Klängen. Ist wunderbares Gegenstück zu den chinesischen Musikern.
Fortsetzung folgt nach der Sommerpause. Das „Fragments“-Konzert-Programm wird derzeit erstellt.
» Das Konzert mit „Emerge“ und „Guiguisuisui“ findet am Montag, 22. Juli, statt. Einlass ist um 19.30 Uhr, Beginn um 20 Uhr. Veranstaltungsort ist die Galerie Grölle pass:projects, Friedrich-Ebert-Straße 143e. Karten gibt es an der Abendkasse für 8 Euro