Frank de Buhr: Theater um die „Generation Lifestyle“
Frank de Buhr stellt am 10. November seine erste Regiearbeit in Wuppertal vor.
Wuppertal. Wer kennt das nicht? Man kennt sich, man trennt sich, man trifft sich. Ob es nun auf der Straße, im Supermarkt oder in der Schule ist — beim zufälligen Aneinander-Vorbei-Huschen in der Mittagspause, beim samstäglichen Großeinkauf mit wenig Zeit oder beim lange geplanten Klassentreffen mit ganz viel Wehmut. Wer alte Kollegen, Nachbarn oder Schulfreunde trifft, begegnet am Ende auch seiner eigenen Vergangenheit. Wie es dann weitergeht, ist die große Frage. Kann man an alte Zeiten anknüpfen? Und möchte man das überhaupt?
Frank de Buhr zumindest weiß, was er will: Der Regieassistent der städtischen Bühnen möchte mit seiner ersten eigenen Wuppertaler Produktion punkten. Dabei macht schon der Titel hellhörig: „Wohnen. Unter Glas“ heißt das Stück, das Ewald Palmetshofer vor sechs Jahren geschrieben hat und nun Elberfeld erreicht. Am Samstag, 10. November, ist die Generationen-Studie erstmals im Kleinen Schauspielhaus zu sehen.
Was Frank de Buhr daran reizt? „Das Stück hat keine klassische Erzählstruktur — keinen Plot“, erklärt er. „Drei Figuren spielen sich ständig etwas vor. Sie können sich nicht zu ihrer Kreatürlichkeit bekennen und werden sich in den privaten Momenten ihrer Lebenslügen bewusst.“ Dies zumindest ist nicht gelogen: Frank de Buhr inszeniert einen „Abgesang auf unsere Lifestyle-Generation“. Mit anderen Worten: Es geht um Menschen, die Smartphones in allen Taschen haben, „aber nicht über den Tellerrand schauen können“.
Mit Hanna Werth und Heisam Abbas schickt er zwei Schauspieler ins Rennen, die neu im Ensemble sind. Dazu kommt eine erfahrene Kollegin: Julia Wolff. Das Trio spielt Babsi, Jeani und Max. Die Freunde von einst, inzwischen um die 30, sind für ein Wochenende im Hotel verabredet. Gemeinsam verbrachten sie die Jahre der Adoleszenz — teilten nicht nur die Wohnungen und Betten, sondern auch ideologische Ideen. Doch was als fröhliches Cliquen-Revival gedacht ist, entpuppt sich als krampfhafter Versuch, einen Faden wieder aufzunehmen, der längst gerissen ist.
Dramaturg Oliver Held formuliert es so: „Der Mann steht im Mittelpunkt beiderseitigen Begehrens.“ Doch die Erwartungen der Frauen kann er nicht erfüllen. Kein Wunder: „Er ist komplett mit sich selbst beschäftigt.“ Ganz anders also als Frank de Buhr, der nicht nur Regie führt, sondern auch das Bühnenbild entworfen hat. „Sehr stylish und sachlich“ wirkt es, wie Held verrät. Schließlich soll die Künstlichkeit entlarvend sein, wie Frank de Buhr ergänzt: „Die Bühne ist hochartifiziell und an das Design von Apple angelegt.“ Denn die Figuren, die sich in diesem Umfeld bewegen, „können sich nicht zum Menschsein bekennen“. Für Held hat das „etwas gewollt Skurriles“: „Das hat der Text auch. Die Bühne ist ein Labor, eine Versuchsanordnung. Auch die Kostüme spiegeln das.“ Bleibt abzuwarten, wie die „Lifestyle-Generation“ reagiert.
Das Angebot steht jedenfalls: Wer sein Smartphone am Samstag 90 Minuten lang ausschalten möchte, kann sich voll und ganz aufs Theater konzentrieren: Der Startschuss fällt um 20 Uhr.