Zurechtgerückt Peter Brötzmann zeigt seine neuesten Kunstwerke
Wuppertal · Grölle Pass Projects würdigt den vielseitigen Künstler zu seinem 80. Geburtstag mit einer Ausstellung.
Mitunter dauert es ein paar Jahrzehnte, bis eine fehlleitende Perspektive auf das künstlerische Werk zurechtgerückt werden kann. In gewisser Weise trifft das auch auf Peter Brötzmann zu. Seit seiner Zeit an der Werkkunstschule Wuppertal war der renommierte Jazzmusiker auch stets als Maler, Grafiker und Objektkünstler aktiv, durch seine Assistenz für Nam June Paik geriet er ins Umfeld der sogenannten Fluxusbewegung. Gleichwohl sieht sich der mittlerweile 80 Jahre alte Künstler eher als „altmodischer Maler“, wie er in charmantem Understatement am Samstagabend bei der Eröffnung einer Ausstellung in der Galerie Grölle Pass Projects der WZ verriet.
Mit der Fluxusbewegung, die unter anderem Videos, Musik, Licht, Geräusche, Bewegung, Handlungen und Materialien in ihre Kunst integriert, hat Brötzmanns Arbeit nicht so viel am Hut. Das zeigen auch die 75 Werke, die bis Ende August anlässlich seines 80. Geburtstags in der Galerie präsentiert werden - die Preispalette reicht von 1000 bis knapp 12000 Euro, das Gros der Arbeiten bleibt unter 5000 Euro.
Die meisten Exponate bestehen aus kleineren Arbeiten, die „in den letzten zehn Jahren entstanden“ seien, erzählt der Künstler. Aufgrund der vielen Tourneen, die ihn rund um die Welt geführt hätten, hatte er zuvor nicht viel Zeit für die Arbeit im Atelier gehabt. Wegen der knappen Zeit zwischen den Tourneen hatte er sich auf das beschränkt, „was auf dem Tisch“ lag.
In Wuppertal selbst habe er seit zehn Jahren keine Ausstellung mehr gehabt, sagt der gebürtige Remscheider. In der jetzt gestarteten Schau mit dem Titel „Along the Way“ sind Zeichnungen, Malerei und Objekte zu sehen. Die Bilder sind als Gouachen oder auch mit Wasserfarben und Öl gefertigt. Sie zeigen eine Brücke in Elberfeld, einen Teil der Golden Gate Bridge aus San Francisco, eine Rheinlandschaft oder den „Mond über Scharpenacken“. Die Objekte arbeiten mit Materialien wie Holz, Metall, Leder oder auch Haaren, wirken in der Darstellung bisweilen abstrakt oder stellen eine Landschaft aus Berg und Tal dar.
Für Galerist Jürgen Grölle ist die Ausstellung die erste Kooperation dieser Art mit Peter Brötzmann. Er kennt den Musiker schon seit bald 40 Jahren und ist ebenso wie er sowohl Musiker als auch bildender Künstler. In den Ausstellungen in seiner Galerie habe er sich auf Künstler aus dem Ausland konzentriert, erst in letzter Zeit auch Werke von Vertretern aus der Region ausgestellt.
Experimentelles Vorgehen -
auch bei den Materialien
Auf die Idee zu der Schau mit Brötzmann sei er durch eine Anfrage der Stadt gekommen, die zum 80. Geburtstag des Jazzmusikers auch eine Schau mit künstlerischen Arbeiten auf die Beine stellen wollte. „Die Ausstellung wollte ich natürlich gerne hier machen“, sagt Grölle. Ihm imponiere, dass Brötzmann „sehr experimentell“ vorgehe, auch Materialien wie Teer verwende.
Anlässlich eines Musikfestivals, das Brötzmann vom 27. bis 29. August im Café Ada mit Musikerkollegen auf die Bühne bringt, ist am Vorabend einen Empfang im Atelier geplant. Für den Saxophonisten und Klarinettisten ist das Festival endlich wieder eine Gelegenheit, live auf der Bühne zu stehen. Die Abstinenz und veranstaltungsfreie Zeit des Pandemie-Lockdowns haben ihn auf jeden Fall genervt. „Die Corona-Zeit war nicht sehr inspirierend“, gesteht er. Seit eineinhalb Jahren habe er keine Tournee mehr absolvieren können. Und bei virtuellen Alternativen wie Streaming-Konzerten wendet sich der eingefleischte Live-Musiker und Free-Jazzer nur mit Grausen ab.