„Hoffmanns Erzählungen“ Lucia Lucas: „Das Publikum in Wuppertal hat mich unterstützt“
Lucia Lucas steht in „Hoffmanns Erzählungen“ am Samstag ein letztes Mal in Wuppertal auf der Bühne — vorerst.
Wuppertal. Sie verkörpert gleich vier Bösewichte — als Frau in Frauenkleidern mit männlicher Bariton-Stimmlage: Lucia Lucas ist Stadtrat Lindorf, Coppelius, Doktor Mirakel und Dapertutto. Stets Widersacher von E. T. A. Hoffmann, Erzähler der phantastischen Oper „Hoffmanns Erzählungen“ von Jacques Offenbach, die in Wuppertal im September 2016 eine begeisternde Premiere feierte. Und am 23. Juni vorerst zum letzten Mal aufgeführt wird. Im Gespräch mit der WZ spricht die erste Transgender-Sängerin auf Deutschlands Bühnen und gefragte Wagner-Stimme über das Gender-Thema in der Oper, über die Bedeutung der Musik in ihrem Leben und über ihre Liebe zu Wuppertal.
Wie gefallen Ihnen „Hoffmanns Erzählungen“ und die Rollen, die Sie verkörpern?
Lucia Lucas: Ich mag die Musik und Verspieltheit Hoffmanns, die aber durchaus auch ernst werden kann. Es ist cool, dass wir vier Regisseure in Wuppertal haben. Ich kann vier verschiedene Charakter verkörpern. Es gefällt mir, dass es böse Charaktere sind, denn im Alltag bin ich still, halte mich an die Regeln. Der Antonia-Akt (mit dem gespenstischen Doktor Mirakel, Anm. d. Red.) ist vielleicht mein Lieblingspart.
Ist es schwierig, als Frau mit Bariton-Stimme männliche Rollen zu verkörpern?
Lucas: Ich wünsche mir, dass man mich nicht als Transfrau, sondern einfach als Frau wahrnimmt, wenn ich in Frauenkleidern auftrete. Meine Stimme ist wie sie ist seit ungefähr 20 Jahren. Wenn ich könnte, würde ich gerne mal eine Brünnhilde bei Wagner singen.
Ist Ihnen das Gender-Thema (noch) wichtig?
Lucas: Im Privatleben ist das Thema quasi abgeschlossen. Ich bin glücklich, lebe ganz normal. Aber ich hoffe, ich kann eine bessere Welt für die Transgender-Community erreichen. Ich will Vorbild und Ansprechpartner sein. Als ich sechs Jahre alt war, hätte ich gerne eine Transfrau im Fernsehen erlebt, aber es gab sie nicht. Ich hoffe, dass ich durch mein Auftreten jungen Menschen helfen kann.
Ist die Bühne ein guter Platz für Transgender?
Lucas: Ich glaube nicht. Man denkt, Schauspieler haben ein freies Leben, aber es ist nicht so. Es gibt so viele Schubladen. Wenn Sie da nicht hineinpassen, wird es schwierig. Auch wenn beim Casting ein konservatives Publikum berücksichtigt werden muss oder übervorsichtig agiert wird. In Wuppertal war alles sehr toll, und das Publikum sehr freundlich. Es hat mich wunderbar unterstützt. Aber das ist nicht in jeder Stadt so. Hinter der Bühne ist es eine Rechtsfrage, auf der Bühne ist es ein bisschen mehr. Weil die Bühne auch für das Haus steht.
Was bedeutet Ihnen die Musik?
Lucas: Musik, die Oper ist ein Medium für meine Kunst, eine Möglichkeit, meine Gefühle ungefiltert zu kommunizieren.
Haben Sie eine Lieblingsarie?
Luca: Lange waren es „Holländer“-Arien, in den letzten sechs Monaten wurde es Wotans Arie „Lebwohl“ in der „Wallküre“. Der Moment, als sich Wotan von Brünnhilde verabschiedet. Das sind ganz starke Gefühle. Das herauszuarbeiten ist schwierig.
Wuppertal sehen Sie ja nun wieder.
Lucas: Ich liebe Wuppertal, freue mich zu Premieren zu kommen, meine Frau (Ariana Lucas, Red.) spielt hier ja. Und ich hoffe, nach der nächsten Spielzeit wieder zu kommen. Leider musste ich meine Wohnung in der Nähe der Barmer Anlagen aufgeben. Es war so schön, so ruhig hier.
Was machen Sie in der nächsten Spielzeit?
Lucas: Im Moment proben wir für die „Wallküre“ in Magdeburg, am 8. September ist Premiere. Im Mai gebe ich mein USA-Debüt im „Don Giovanni“ in Tulsa, Oklahoma. Ich habe zwar in Amerika studiert, meine Opernkarriere begann aber erst, als ich nach Deutschland kam. Ich habe viel zu tun.
Freuen Sie sich auf die USA?
Lucas: Die USA verändern sich sehr schnell im Moment. Für Minderheitengruppen, einschließlich LGBT-Gemeinschaft (Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender, Red.) oder Flüchtlinge, ist es schwierig.