Wuppertal Mark Schumann: „Morgens begrüße ich mein Cello“

Mark Schumann spielt am Sonntag im Quartett mit seinen Brüdern in der Stadthalle. Er erklärt, was an einer muskalischen Familie nerven kann und wie sie Konzerte zum Leuchten bringen.

Mark Schumann spielt am Sonntag im Quartett mit seinen Brüdern in der Stadthalle. V.l.: Mark Schumann, Liisa Randalu, Ken Schumann und Erik Schumann.

Foto: Kaupo Kikkas

Wuppertal. Mit 28 Jahren ist Mark Schumann ein extrem erfahrener Musiker — er hat zahlreiche Wettbewerbe gewonnen und spielt seit neun Jahren mit seinen älteren Brüdern im renommierten und vielfach ausgezeichneten Schumann-Quartett. Und er stammt aus einer musikalischen Familie: Die japanische Mutter ist Pianistin, der Vater Geiger bei den Düsseldorfer Symphonikern.

Mark Schumann spielt am Sonntag im Quartett mit seinen Brüdern in der Stadthalle. V.l.: Mark Schumann, Liisa Randalu, Ken Schumann und Erik Schumann.

Herr Schumann, wie war es, mit Musiker-Eltern und drei musikalischen Geschwistern aufzuwachsen?

Mark Schumann: Tatsächlich war der Mittelpunkt immer die Musik. Von allen Seiten konnte man sie fast Tag und Nacht hören. Dabei wohnten wir in einem Haus mit dicken Wänden. Meinen Eltern war auch wichtig, dass wir alle ein eigenes Zimmer mit schall-isolierende Türen bekommen.

Ist das nicht stressig?

Schumann: Es kann extrem nerven, wenn es heißt: „Hör doch mal, was dein Bruder schon spielen kann.“ Man ist auch immer mit einem Ohr nebenan. Es kann aber auch weiterhelfen, denn als Kind nimmt man Melodien unbewusst auf. Später kann man sie dann schneller wiedergeben. Die anderen sind alle Geiger, ich hatte das große Glück, mit Cello anzufangen. So konnte ich ein bisschen meinen eigenen Weg gehen.

Warum spielt Ihre Zwillingsschwester nicht im Quartett?

Schumann: Weil wir eine Bratsche brauchen und sie Geige spielt. Bevor es das Quartett gab, habe ich mit Lisa und Ken aber fast das ganze Repertoire gespielt, auch „Jugend musiziert“ gewonnen. Derzeit spielt sie nicht mehr, denn sie bekommt bald ein Baby.

Es gab noch nie so viele gute Streichquartette. Wie schaffen Sie es, sich abzuheben?

Schumann: Wir fragen uns ständig, wie wir eine Qualität bieten können, die andere nur schwer erreichen. Das Programm ist es ja nicht. Aber bei uns hat jeder eine extrem gute Ausbildung, wir könnten genauso gut solistisch tätig sein — da hat auch jeder seine Freiheiten neben dem Quartett. Und wir fordern uns zusammen immer wieder neu.

Liegt es auch daran, dass Sie Brüder sind?

Schumann: Wir Brüder sind von Natur aus sehr eng. In der Musik verbunden zu sein, verstärkt das noch. Daraus entsteht eine enorme Intensität, die wir nur gemeinsam herstellen können und die jeder Zuschauer mitbekommt.

Worin zeigt sich das praktisch?

Schumann: Die nonverbale Kommunikation bekommt jedes Quartett nach 15 oder 20 Jahren hin. Aber bei uns als Familie ist es so: Wenn ich einen kleinen spontanen Impuls gebe, dann wisse die anderen sofort, wie ich diese Phrase spielen werden. Das funktioniert leider nur in Konzerten unter einem gewissen Adrenalinspiegel — aber das bringt sie auch zum Leuchten.

Wie viel Spielraum räumen Sie der Improvisation ein?

Schumann: Der Grat ist extrem schmal. Wenn man zu stark ab- weicht, wird das Stück zu Karikatur. Dann klingt es nicht mehr homogen, sondern danach, dass einer irgendeine Idee hatte.

Wie ist das Verhältnis zu Ihrem Instrument?

Schumann: Ich habe ein engeres Verhältnis zu meinem Cello als viele andere. Beispielsweise muss ich es morgens begrüßen. Es ist fast wie ein Kind: Ich reise immer damit und trage es auf meinem Rücken. Es ist 300 Jahre alt — ein richtiger Schatz.

Ihre Mutter stammt aus Japan. Gehen Sie deshalb gerne dort auf Tournee?

Schumann: Wir sprechen alle noch japanisch. Es ist immer eine schöne Zeit dort, wir mögen das Essen und die Kultur sehr. Aber immer könnte ich nicht dort leben.

Ihr Quartett hat seit 2009 eine Residenz im Robert-Schumann-Saal in Düsseldorf. Wie gestalten sie das?

Schumann: Wir geben jede Saison zwei Konzerte, dürfen Künstler einladen und Stücke spielen, auf die wir Lust haben. Obwohl es so nah ist, haben wir in Wuppertal erstaunlicherweise noch nie gespielt. Deshalb freue ich mich auf unser Debüt in der Stadthalle.