Regisseur Martin Oelbermann im Gespräch

Wuppertal. Einfach „Anne“ heißt das Theaterstück über Anne Frank, das im Sommer in Amsterdam seine Welt-Uraufführung hatte. Die Bühnen präsentieren es am Samstag um 19.30 Uhr in einer szenischen Lesung im Theater am Engelsgarten.

Foto: Charlie Carter

Diese leitet der erfahrene Regisseur Martin Oelbermann.

Herr Oelbermann, wie stelle ich mir eine Lesung mit neun Schauspielern vor?
Martin Oelbermann:
Das ist eine wunderbare Sache, weil ich so jeder Figur eine eigene Stimme geben kann. Anders als bei einer klassischen Aufführung im Theater können die Zuschauer die Geschichte hier mit ihrer Fantasie ausstaffieren.

Ist die Anne Frank in diesem Stück ein anderes Mädchen als das, was wir bisher aus dem Tagebuch kennen?
Oelbermann:
Die Tagebuchzitate durften bis 2013 in keiner Theaterfassung verwendet werden, erst dann hat es der Anne-Frank-Fonds in Basel erlaubt. In dem Stück gibt es jetzt zwei Anne Franks: das jüdische Mädchen, das im Versteck im Amsterdam in die Pubertät kommt, ihre Periode bekommt, sich verliebt, mit der Mutter zankt, und die Frau, von der sie geträumt hat, die nach dem Krieg mit ihrem Mann Peter in Paris lebt und ein Buch veröffentlicht.

Ist das für die Zuschauer nicht irritierend?
Oelbermann:
Nur ein wenig am Anfang. Aber dann entfaltet sich die ganze Kraft dieses Textes - auf der einen Seite die ebenso witzige wie gefühlvolle Beschreibung dessen, was jeder erlebt, der in die Pubertät kommt, auf der anderen Seite der historische Wahnsinn des Krieges und die Erschütterung, weil jeder weiß, dass sie im März 1945 im KZ Bergen-Belsen umgebracht worden ist.

Haben Sie die Aufführung in Amsterdam gesehen?
Oelbermann:
Nein.

Bewusst nicht?
Oelbermann:
Nein, das passte nur zeitlich nicht. Ich habe im Internet nachgesehen, das sieht toll und sehr liebevoll aus.

Sie leiten in London das Ensemble „Jedermann Theatre Company“. Wie reagieren die Briten auf den deutschen Namen?
Oelbermann:
Das funktioniert richtig gut. Die Mitglieder wollten unbedingt einen deutschen Namen. Aus ihrer Sicht ist das deutsche Theater total aufregend, weil sich hier viel mehr bewegt.

Karten für „Anne“ (15 Euro, ermäßigt zwölf Euro) bekommt man bei der Kulturkarte unter Tel. 563 7666, im City-Center, Schloßbleiche 40, und im Netz.