Roman: Das abenteuerliche Leben des Missionars Richard May

Alles andere als lammfromm: Hermann Schulz greift in seinem Roman den Weg seines Vaters in Ostafrika auf.

Foto: Stefan Fries

Wuppertal. Die Wege des Herrn sind unerforschlich. Eine Beruhigung und Provokation zugleich ist dieser Glaubenssatz für den evangelischen Missionar Richard May, dessen Leben Hermann Schulz (75) in seinem packenden neuen Roman „Die Nacht von Dar es Salaam“ nach dem seines eigenen Vaters Wilhelm schildert. May, Sohn armer Kleinbauern vom Niederrhein, geht für die evangelische Mission 1926 nach Ostafrika. Predigten und Taufen nehmen den geringsten Teil seiner Arbeit ein.

Der Missionar baut Straßen, Schulen, Krankenstationen, bildet Lehrer aus, führt den Kaffeeanbau ein. Er streitet mit Stammeskönigen und Kolonialbehörden, schießt Löwen, deren Felle er nach Deutschland schickt. Alles andere als lammfromm ist dieser aufbrausende Mann, der oft genug mit seinem Gott hadert und mit seiner Missionsgesellschaft ringt, die nur unregelmäßig Geld schickt. Aber er bleibt aufrecht in seiner Menschlichkeit, was ihm überraschende Gespräche mit Schwarzen, aber wenig Freunde und geschäftliche Erfolge bei den Weißen einbringt.

Die Schilderung des harten und abenteuerlichen Lebens von May, seiner Frau und vier Kindern überträgt Schulz einem fiktiven Erzähler: Ndasenga Sebalili, offiziell Diener, tatsächlich aber Freund Mays, blickt nach Jahrzehnten zurück auf die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Dadurch entsteht ein Panoramablick auf die Kolonialgesellschaft aus Schwarzen, Europäern, Indern und Arabern - und gibt zugleich dem ausgebeuteten Kontinent eine differenzierte Stimme. Immer tiefer wird der Leser in diese Lebensgeschichte hineingezogen, bis zur titelgebenden letzen gemeinsamen Nacht 1938 in Dar es Salaam, bevor sich der todkranke Missionar mit seiner Familie nach Deutschland einschifft.

“ Am Mittwoch um 19.30 Uhr liest Schulz im Literaturhaus, Friedrich-Engels- Allee 83, aus seinem Roman.