Wuppertal Theater im Tanzhaus: Drei Damen überlisten das Alter
Premiere im vollbesetzten Theater im Tanzhaus: „Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt“.
Wuppertal. Beim neuen Stück im Theater im Tanzhaus ist ein Fächer das wichtigste Requisit. Für die Tanzhaus-Bühne hat Florian Battermann Dora Heldts Roman „Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt“ bearbeitet. In dieser Komödie spielt Sabine Gruß Doris, die mitten in den Wechseljahren steckt. Urplötzliche Hitzewallungen machen ihr zu schaffen. Da kann ein bisschen kühle Fächer-Luft schon helfen.
Noch schlimmer als die Hitzewallungen ist nur Doris’ 50. Geburtstag. „Es gibt keine Feier!“, verkündet sie ihrer nervtötenden Mutter am Handy. Lieber trommelt Doris ihre gleichaltrigen Freundinnen Katja und Anke zusammen und fährt mit ihnen ins Wellness-Hotel an die Nordsee. So, denkt sie, lässt sich dem Blues namens „Die besten Jahre sind vorbei“ entkommen. Doch der Plan funktioniert nicht.
Dabei hätte alles so idyllisch sein können. Die 120 Premierenbesucher blickten auf eine Hotelszenerie in den Strandkorb-Farben Blau und Weiß. Per Einspieler gab es Möwengeschrei und Wellengang dazu. Das Programm „Amüsieren und Entspannen“ hielt das Trio Sabine Gruß, Safak Pedük und Angela H. Fischer trotzdem nicht durch.
Für die Zuschauer war es ein Glück. Tüchtig konnte man ablachen, wenn die Damen in Bademänteln und Fitnessdress die Schrecken des Älterwerdens beredeten. Hormon-Therapien, Krampfadern, Schönheits-Operationen - nichts wurde ausgelassen. Und da eine Ehefrau mit zwei überzeugten Singles Urlaub machte, ging es immer wieder um Männer, aktuelle und verflossene.
Fast wäre es einem zu viel geworden. Tatsächlich trat die erste Hälfte des Abends vor lauter derben Sprüchen irgendwann auf der Stelle. Doch nach der Pause bekam das Stück wieder Schwung. Was auch an Maria Liedhagener und Andreas Strigl lag, die mit sehr komischen Nebenfiguren die Handlung aufmischten.
Da glänzte Liedhagener gleich mehrfach als Doris’ „Mutti“, rheinische Frohnatur und aufdringlicher Hotelgast. Strigl war nicht nur ein sympathischer Single-Mann, sondern auch ein vergreister Ex-Lover mit Weihnachtsmannbart und Krückstock. „Das braucht schon Mut, so aufzutreten“, lobte eine Zuschauerin.
Und dann waren da vor allem die kräftig gezeichneten Persönlichkeiten des Damen- Trios. Sabine Gruß’ Doris war schon arg gebeutelt. Kam eine „Wallung“ über sie, die Gruß mit Schnappatmung und großen Gesten darstellte, johlte der vollbesetzte Saal. Kaum war sie der dominanten Mutter und dem allzu braven Ehemann entkommen, musste sie sich im Urlaub mit ihren Freundinnen auseinandersetzen. Denn die hatten ihre Launen natürlich nicht zu Hause gelassen. Und - wie sich später herausstellte - mehr als eine Lebenslüge. Pedüks Charakter reagierte auf den nahenden 50. Geburtstag mit dem unbedingten Willen zur Optimierung. Sie stemmte Hanteln und zeigte ihren Bizeps her. Einer plastischen Verbesserung ihres Körpers war sie ebenfalls nicht abgeneigt.
Mit Sarkasmus ging Anke alias Angela H. Fischer gegen die „Mid-Life Crisis“ vor. Mit ihren Sprüchen befeuerte sie die witzige Dialoge. So wenn sie sich schwor, Liebesgott Amor verbal ein Bein zu stellen: „Wo die Liebe hinfällt!“ Es war nur einer von vielen Lacherfolgen. Ironischerweise sollte sie Amors Pfeil dann doch treffen. Es folgte eine Szene mit Wellengang und Mondschein. Die Komödie streifte deutlich das Melodram. Am Ende gab es aber weder Hochzeiten noch Todesfälle. Dafür beschlossen die drei Freundinnen, ein gemeinsames Projekt zu starten. Das war ihre Art, dem Alter ein Schnippchen zu schlagen.