Verknotete Körper und wilde Befreiungstänze

Zwei Choreographien in der Börse: Pina-Bausch-Akteure erschüttern ihr Publikum.

Wuppertal. Nein, es ist kein entspannender Tanzabend in der Börse. Pamela Tzeng zeigt in einer Choreographie des Japaners Kenji Takagi („The Box I Came In“) das Gefangensein in sich selbst, in Räumen, in Welten. Die eigenen Hände betasten den Körper, als ob sie sich selbst erkundet — erst zart, dann immer wilder. Das starre Stehen zeigt Grenzen auf.

Posen stellen den Körper wie eine Skulptur aus. Im imaginären Raum versucht sie verzweifelt, der Enge zu entkommen. Ihr Tanz kommt weitgehend ohne Musik aus: Deutlich hört man atemloses Keuchen, Rufen und Schreien. Das Stürzen und Umsichschlagen zeigt: Es gibt keinen Ausweg. Auch Jorge Puerta Armenta zeigt in seiner Choreografie „17 cm über dem Boden“ Auswegloses. Pablo Aran Gimeno durchtanzt ein ganzes Leben. Erst ist er der unbeschwert singende Sonnyboy, der sein Hab und Gut am Leibe trägt und sich Hemd um Hemd entblättert. Es folgen wilde Befreiungstänze zu hämmernder Elektronik und skurrile Bilder — er verschwindet unter dem Stuhl und krabbelt wie ein urzeitlicher Käfer.

Der bloße Oberkörper zeigt den Rücken mit bewegten Schulterblättern wie weibliche Brüste. „Wie macht er das bloß?“, hört man raunen. „Er sieht ja aus wie ein Zombie.“ Tonlos schreit er mit weit aufgerissenem Mund, ergraut in Sekunden in Staubwolken und tanzt mit ausdrucksstarker Armarbeit zu Gewittergrollen, das nichts Gutes verheißt.

Am Ende liegt ein verknoteter Körper am Boden, stöhnt, schreit, wimmert: Man sieht einem Todeskampf zu. Die Zuschauer im voll besetzten Börsen-Saal sind erschüttert. Manche können nicht klatschen, sie müssen die beklemmenden Bilder erst verarbeiten.