Von Menschen,
die mit Toten leben
Filmemacherin Heike Fink setzt auf ungewöhnliche Lebensgeschichten: Sie dreht auf der ganzen Welt einen Dokumentarfilm über Menschen, die auf Friedhöfen leben.
Heike Fink gehört nicht zu den Menschen, die lange lamentieren, sondern Dinge tut. Stößt sie auf eine Sache, die sie interessiert, geht sie ihr auf den Grund. So verbrachte sie 2007 einige Zeit in Kairo. "Und als wir zusammen mit Freunden durch die Stadt fuhren, stieß ich auf das Thema", erinnert sie sich. "Wir", das sind sie und Ehemann Stefan, seit 15 Jahren ein Paar. "Das Thema", das sind Menschen, die auf Friedhöfen leben.
Und weil es etwas so morbide Klingendes, also zusammen mit Toten zu leben, nicht allein in Kairo, sondern ebenso in Manila und bei einem indonesischen Naturvolk gibt, hat die 42-Jährige darüber gemeinsam mit dem befreundeten Regisseur Bernd Schaarmann das Konzept zu einem Dokumentarfilm geschrieben. "Nice places to die", so der Arbeitstitel, ist jetzt von der Filmstiftung NRW mit dem Gerd Ruge Incentive-Stipendium ausgezeichnet worden. Fink: "Das Geld ist dafür da, um vor Ort recherchieren und drehen zu können."
Jetzt müssen also in Kairo und Manila Menschen gefunden werden, die den theoretischen Hintergrund - Menschen leben in Slums auf Friedhöfen, weil es dort weniger gefährlich ist als anderswo; das indonesische Naturvolk beerdigt seine Toten nur ein mal jährlich, so lange bleiben sie bei ihren Familien - dokumentarisch erlebbar machen. Fink: "Das wird jetzt spannend, Leute zu finden, die etwas zu erzählen haben."
"Nice places..." ist erst der zweite Dokumentarfilm der studierten Literaturwissenschaftlerin und Soziologin. Vor Überraschungen ist sie bei der Arbeit nie gefeit: "Ich gehe mit klaren Vorstellungen los - und meist finde ich etwas anderes heraus, als ich erwartet habe."
Mit diesem unvereingenommenen Blick wollen sie und ihr Mann ab Dezember um die Welt reisen. Bis dahin schreibt und recherchiert Fink andere Geschichten - sie genießt diese berufsliche Unabhängigkeit: "Das ist wahrscheinlich der größte Luxus überhaupt, sich seine Zeit frei einteilen zu können."
Kommt sie mal nicht voran, macht sie "Tempo und Strecke, um den Kopf frei zu bekommen" bei ausgiebigen Spaziergängen am Kaiser-Wilhelm-Hain. "Dann macht es klack’ im Kopf und es verknüpfen sich Dinge, die vorher nicht zusammenpassten." Aus dieser kreativen Hochstimmung heraus hat Fink bereits einen Roman und ein Kinderbuch verfasst. Beides liegt bei der Agentin. "Haben wir nicht alle jeden Tag viele tolle Ideen? Wir glauben nur nicht immer an sie und setzen sie nicht um." Wie gesagt, Heike Fink gehört nicht zu denen, die bloß über Projekte reden. Heike Fink realisiert sie.