Freies Netzwerk Kultur Die wunderbare Welt der künstlerischen Intelligenz

Tine Lowisch vom Freien Netzwerk Kultur über den digitalen Fortschritt.

Tine Lowisch vom Freien Netzwerk Kultur. Foto: Claudia Scheer van Erp

Foto: CLAUDIA SCHEER VAN ERP

Während meines Studiums in Düsseldorf Anfang der 90er Jahre waren neuronale Netzwerke eine fast vergessene Fußnote der Informatik. Das Wissen um maschinelles Lernen und das Wissen um die Möglichkeiten, die da schlummerten, gibt es also schon recht lange. Aus diesem Grund bin ich ehrlich gesagt etwas erschüttert, dass die Tatsache der erstaunlichen Leistungssteigerung der Rechnerkapazitäten innerhalb von gerade einmal 20 Jahren uns nun scheinbar unvorbereitet trifft. Dass der Zeitpunkt kommt, da Computer mit einer Leistung von 20 Billionen Gleitkommaoperationen pro Sekunde, also 200 000 mal schneller, als die Kisten von damals und die Prozessorleistung beim nächsten Sprung durch sogenannte Quantencomputer noch einmal überflügelt wird, war doch abzusehen. Nun geht offensichtlich alles sehr schnell dieser Tage und vieles ist jetzt für morgen möglich.

Ich bin mir nicht sicher, wie Sie das sehen, aber ich hatte mir eigentlich erhofft, dass man die Zeit, die man abwarten musste, bis die Rechner fett genug sind, nutzen würde, um zum Beispiel Prinzipien für den Umgang mit künstlicher Intelligenz zu entwickeln oder allgemein gültige Übereinkünfte auszuhandeln. Ich dachte, ein verbindlich formulierter Codex wäre schon längst in seiner mehrfach überarbeiteten und finalen Fassung in der Welt. Isaac Asimov, der Schöpfer der Robotergesetze, formulierte doch schon vor mehr als 80 Jahren, dass ein Roboter die Menschheit nicht verletzen darf oder durch Passivität zulassen darf, dass jemand zu Schaden kommt. Ein Roboter müsse den Befehlen des Menschen gehorchen und darüber hinaus müsse ein Roboter aber auch seine eigene Existenz schützen. Solange sein Handeln nicht den strukturell übergeordneten Gesetzen, die Menschheit zu schützen und untergeordneter, den einzelnen Menschen zu schützen, widerspricht.

Also, warum postuliert jetzt erst der Google-Chef als Marktführer in der künstlichen Intelligenz die sieben Prinzipien, die künftig den Umgang von Google mit künstlicher Intelligenz prägen sollen? Finden sich darunter so schöne Thesen wie: die KI soll der Gesellschaft nutzen, sie soll Vorurteile und Voreingenommenheit vermeiden, sicher sein oder die Privatsphäre des Menschen respektieren. Hoffentlich ist er mit seinem Impuls nicht zu spät dran. Immerhin ist es gut, dass der CEO mit großem Gewicht in der Stimme mitteilen lässt, das Google eine tiefsitzende Verantwortung spürt, keine Fehler zu machen. Das ist menschlich und lässt mich hoffen. Die Debatte, die weltweit um die Auswirkungen und Konsequenzen des digitalen Fortschritts geführt wird, darf von mir aus auch sehr gerne von berechtigten und relevanten Bedenken begleitet werden.

Letzte Woche war ich auf der Preisverleihung des Wuppertaler Wirtschaftspreises. Der Preis in der Kategorie: Jungunternehmen 2018 ging an das 15-köpfige Team der Entrance GmbH. Diese Gesellschaft mit beschränkter Haftung gestaltet mit großer Neugier und Hingabe aktiv die Zukunft des digitalen Wandels und entwickelt für einen nahezu unbegrenzten Markt Szenarien, die viele noch für Science-Fiction halten. Ich bin ja jetzt schon lange aus meinem Studium der Medienwissenschaften raus und in die wunderbare Welt der künstlerischen Intelligenz geraten. Vielleicht kann ich an den Schnittstellen vermitteln. Wir haben da einige gestandene Künstler in der Stadt. Gegebenenfalls stellen diese ja ihre soft skills zur Verfügung. Das könnte den Unternehmen, auf ihrer Suche nach Innovationen bestimmt weiterhelfen. Sollte ihnen aber auch etwas wert sein. Denn eine warme Mahlzeit reicht da als Entlohnung sicher nicht aus.