Kultur „Die Bilder schreien nach Musik“

Lutz Werner Hesse hat seine neue Partitur fertiggestellt. Aufführung am 15. und 16. Dezember.

Lutz-Werner Hesses neueste Partitur wird beim vierten städtischen Sinfoniekonzert uraufgeführt.

Foto: Schwartz, Anna (as)

„Vom Aufwand ist es das größte Stück, das ich bisher geschrieben habe“, sagt Lutz-Werner Hesse. Seine neueste Partitur hat er pünktlich zum 1. Oktober fertig gestellt. Seitdem hat eine Ausfertigung Generalmusikdirektorin Julia Jones in den Händen. Sie ist dafür zuständig, die darin aufgeschriebene Musik im Rahmen der vierten städtischen Sinfoniekonzerte am 15. und 16. Dezember in der Stadthalle erstmalig zum Erklingen zu bringen.

„Ich habe Dich Gewählt …“ heißt sein zweites symphonisches Gedicht. Anlass für diese Auftragskomposition der Wuppertaler Bühnen ist der 150. Geburtstag der in Elberfeld geborenen Dichterin Else Lasker-Schüler, der am 11. Februar gefeiert wurde. Sein Opus 82, das etwa 45 Minuten dauert, ist in der Tat sehr umfangreich. Alles an tradierten Orchesterinstrumenten kommt darin vor: ein großer Streicher- und Schlagzeugapparat, viele Holz- und Blechbläser, Harfe sowie große Orgel. Hinzu kommen ein großer Chor, eine Mezzosopranistin und ein Sprecher.

Wie Hesse erzählt, fanden die ersten Vorgespräche zu dem Werk vor rund drei Jahren zwischen ihm und dem damaligen Bühnen-Geschäftsführer Enno Schaarwächter statt. „Die Idee war, alle drei Sparten, also Oper, Schauspiel und Orchester, zu berücksichtigen“, so der geschäftsführende Direktor des Wuppertaler Standorts der Hochschule für Musik und Tanz Köln. Dieser Zielsetzung ist er also mit der großen Besetzung für Orchester, Gesang und gesprochenem Wort nachgekommen.

Die fertige Partitur entstand
in den Semesterferien

Im Februar dieses Jahres begann Hesse mit der Komposition. Bis Ende März war etwa ein Drittel als Particell (Kompositionsentwurf, Verteilung der Stimmen in einzelnen Notensystemen) fertig. Während des Sommersemesters saß er abends und nachts daran. Die fertige Partitur und Stimmenauszüge entstanden in den darauffolgenden Semesterferien. Die Chorstimmen inklusive Klavierauszug schloss er bereits früher ab, damit die Sänger im September mit den Proben beginnen konnten.

Sechs Gedichte von Else Lasker-Schüler hat Hesse ausgesucht: „Die Auswahl traf ich danach, ob sie mich ansprachen oder nicht.“ Nichts an den Texten hat er verändert, da er die Wortwahl und die Bilder darin toll findet: „Sie schreien nach Musik“. Er schwärmt von dem Ausdrucksgehalte und der Dramaturgie der Dichtungen der großen Lyrikerin. Sehr klangfarbenreich hat er sie bis auf eins vertont.

Denn das erste steht am Anfang für sich allein, wird ohne Musik vom Sprecher vorgestellt. Erst am Schluss setzt das Orchester ein als Überleitung zur zweiten Lyrik. Diese fungiert als musikalischer Prolog. Das letzte zum Schluss bezeichnet Hesse als Epilog, das als Erinnerung an den Anfang anknüpft und schließlich leise verklingt. Dazwischen wird mit den anderen Dichtungen musikalisch vielschichtig umgegangen.

Mal singt der Chor a cappella, dann wird er vom Orchester begleitet mit und ohne Sologesang. Die Orgel darf Luft durch viele Pfeifen schicken. Akkord­rückungen, nicht alltägliche Rhythmen wie ein Tanz im Fünfvierteltakt oder komplexe Polyphonie hat Hesse, exzellent ausgearbeitet, verwendet. Abwechslungsreich liest sich die Partitur, deren Stimmen fein durchgehört niedergeschrieben sind.

Hesse ist gespannt, ob sich die musikalische Spannung auf das Publikum überträgt und auch dann mucksmäuschenstill ist, wenn die Töne im Pianissimo von der Bühne kommen, diese Hommage an Else Lasker-Schüler wie im Nichts verhallt.

Neben dem Sinfonieorchester Wuppertal und Schauspielintendanten Thomas Braus sind Mezzosopranistin Iris Marie Sojer und der Wuppertaler Opernchor an der Uraufführung beteiligt. Da dieser klein ist, wird er von Wuppertals vokalem Aushängeschild, dem Kammerchor Amici del Canto, unterstützt.