Kultur Taltontheater zeigt absurde Komödie

Die Welt von Monsieur Bélier steht Kopf. An den Wänden seiner Wohnung hängen Bilder, die er nicht kennt. Im Schrank hängen Kleider fremder Leute. Nicht einmal sein Schlüssel passt ins Schloss – seine Frau und er sitzen in der Falle.

Das Taltontheater zeigt „Wer ist Monsieur Schmitt?“

Foto: Taltontheater/Taltontheater Stina Schnickmann

Die Verwirrung ist perfekt, als ein herbeigerufener Polizist das Ehepaar als „Monsieur und Madame Schmitt“ identifiziert.

Mit „Wer ist Monsieur Schmitt?“ bringt das Taltontheater ein im besten Sinne verrücktes Stück auf die Bühne. Aus vollem Halse lachend folgte das Premierenpublikum dem Haken, die die Handlung schlug. Autor Sébastien Thiéry versteht es, alle Gewissheiten, die seine Hauptfigur bisher durchs Leben getragen haben, nach und nach in Nichts aufzulösen. Was übrig bleibt, ist der Kampf um Selbstbehauptung. Diesen Kampf zeigt Regisseur Jens Kalkhorst als hochgradig absurde Komödie – knallende Türen und handfeste Auseinandersetzungen inklusive.

Ungehemmt wehrt sich Hauptdarsteller Dennis Ellerbrake gegen die Identität, die ihm seine Umwelt zuschreibt. Er spielt den wild gewordenen Biedermann, der sich in rassistische Beschimpfungen hineinsteigert, und unterstreicht so die politische Dimension des Textes. Die Sympathie des Zuschauers gewinnt der Wutbürger allmählich zurück, als er auf die ihn befragende Psychi­aterin (Doris Hartmann) hört und anfängt, sich Gedanken zu machen. Zum Beispiel darüber, ob dieser „Monsieur Schmitt“ nicht doch etwas mit ihm zu tun hat.

Egal wie er sich auf der Bühne gibt – die Dringlichkeit, mit der Ellerbrake den mit sich selbst entzweiten Charakter spielt, beeindruckt tief. In Hartmann findet er die richtige Gesprächspartnerin. Je mehr er tobt, desto besonnener agiert sie. Einfühlsam geht sie mit der Aggression um, hinter der sich ihr Patient verschanzt hat. Auch der Polizist, dem Niklas Selz kühle Strenge verleiht, ist Bélier nicht feindlich gesonnen. Was das Stück deutlich von Alptraumszenarien à la Kafka unterscheidet, in der die Autorität als anonym und unberechenbar erscheint.

Dafür lauert in „Wer ist Monsieur Schmitt?“ die Feindseligkeit im Familienkreis. Daniela Stibane spielt überzeugend die sachlich-distanzierte Ehefrau, die die neue Identität als „Madame Schmitt“ schnell akzeptiert. Die Liebesschwüre, die er von ihr einfordert, nimmt man ihr keine Sekunde ab. Klartext redet dagegen die Tochter. Mit der Tirade gegen den Vater hat Linda Dörr einen leidenschaftlich starken Auftritt.

„Wer ist Monsieur Schmitt?“ ist am 25. Januar wieder im Taltontheater zu sehen. Bis Ende März folgen weitere Vorstellungen. dad