Kunst und Idealismus Hand in Hand
Tine und Eckehard Lowisch brennen für die Kunststation im Vohwinkeler Bahnhof. Ihre Arbeit wirkt über den Stadtteil hinaus.
Wer in Wuppertal ein Künstlerpaar mit viel Idealismus sucht, kommt an Tine und Eckehard Lowisch nicht vorbei, die sich mit Haut und Haaren dem Vohwinkeler Bahnhof verschrieben haben. In der dortigen Kunststation bieten sie „nichtkommerziellen Projektraum für gegenwärtige künstlerische Positionen“ (so das Konzept). Mit Erfolg: Vohwinkel hat sich in der Kunstszene einen Namen verschafft.
Wuppertaler
Kunst(t)räume
Über 100 Jahre ist der symmetrische, schlossartige Bahnhofsbau mit den Jugendstilornamenten alt, den Architekt Alexander Rüdell 1908 schuf. Der gebürtige Iserlohner Eckehard Lowisch, der seit vielen Jahren in Vohwinkel lebt, fuhr auf dem Weg zur Arbeit mit seinem Auto jahrelang an dem Gebäude vorbei. „Mich reizten vor allem die mit Brettern zugenagelten Nischen an der Seitenmauer“, erinnert sich der 51-Jährige. Der gelernte Steinmetz mit Bildhauer- und Industriedesign-Studium arbeitete viele Jahre für Tony Cragg. Machte sich 1998 mit einem eigenen Atelier selbstständig, weil er wollte, „dass meine Arbeiten auch andere sehen können“. Ihm zur Seite stand stets seine Frau und Mitarbeiterin, die drei Jahre jüngere Tine. Die gebürtige Wuppertalerin und studierte Medienwissenschaftlerin wirft einen „emphatischem Blick“ auf seine Kunst, wirkt oftmals als „Finisherin“. 2011 brachten sie seine Skulpturen in die Station Natur- und Umwelt, 2012 in das Hallenbad Vohwinkel. Schließlich kam Lowisch mit dem Projekt Bürgerbahnhof Vohwinkel in Person von Uli Kopka in Kontakt. Man sprach über skulpturale „urban art“ und die Idee der Kunststation im Bahnhof, die auf die Grafikerin Ulla Schenkel und der Fotografin Ute Klophaus zurückgeht.
Im fünften Jahr fördern Lowischs das Image des Bahnhofs nun schon. Am Anfang, 2014, mussten sie dafür die Räume des ehemaligen Fotostudios auf den Kopf stellen, das zuletzt in der ehemaligen Expressgutabfertigung neben dem Haupteingang beheimatet war. Das Ehepaar riss Trennwände, Teppichfliesen, tiefer gelegte Decken und andere Überreste heraus, entkernte auch den dahinterliegenden Tunnel, über den einst das Gepäck direkt zum Bahnsteig befördert worden war.
Es entstanden rund 200 Quadratmeter Ausstellungsfläche mit rund vier Meter hohen Wänden, die noch im selben Jahr für ihre erste Ausstellung „Mission Bahnhof“ mit Werken des Bildhauers eingeweiht wurden. Tine Lowisch: „Das fand viel Anklang. Schon während der Umbauarbeiten blieben viele Passanten neugierig stehen.“ Es folgten weitere, zum Teil spektakuläre Einzelausstellungen unter anderem mit Heinrich Weid, Felix Baltzer, Andreas M. Wiese oder Stefan Zöllner — „alles Künstler mit Reputation im Werk“, erklärt Tine Lowisch die Auswahlkriterien. Die Kunststation avancierte überdies — bei Kunst- und Museumsnächten oder Kulturtrassenfest — zum beliebten Veranstaltungsort. Und als bei der Bahnhofsvorplatzsanierung die Nischen von ihren Brettern befreit wurden, schuf Eckehard Lowisch seine bekannten fünf Skulpturen (siehe Kasten).
Für den Künstler gibt es im Grunde nur ein Material, den edlen Marmor, der doch erst „durch den Arbeitseinsatz wertvoll wird“. Lowisch konterkariert bewusst seine „tradierten Vorstellungen und physikalischen Eigenschaften“. Er zerstört ihn und setzt ihn neu zusammen, zerschneidet ihn, wickelt ihn, biegt ihn scheinbar und verknotet ihn. Im italienischen Carrrara, dem internationalen Handelszentrum für vor allem weißen Marmor, kauft er die noch nach Meer riechenden Blöcke. Und weil bei seinen Arbeiten viele Reste anfallen, ist seine Werkstatt ein großes Plattenlager und zugleich Inspirationsfeld. Manche Skulpturen entstehen in vielen Jahren, wandern, scheinbar unfertig, ins Regal, werden entdeckt, erneut geschliffen und poliert, nicht selten lackiert. Lowischs Motive sind meist aufs Material bezogen, weisen aber durchaus auch (menschlich) körperliche Proportionen auf.
Sind noch Wünsche offen? Über Besuche und aktive Unterstützung würden sich die Kunststationsmacher freuen.