„Kunstmusik kämpft um ihr Überleben“

Thomas Erlach gab in seinem Vortrag in der Reihe Unital den Stand der Musikpädagogik wieder — und übte auch Kritik daran.

Foto: Andreas Fischer

Thomas Erlach weiß, worauf es ihm ankommt in der Musikpädagogik. Der Professor für Didaktik der Musik hat das bei seinem Vortrag in der City-Kirche deutlich gemacht. Als Auftakt des zwölften Jahres der Reihe Unital hat er zum Thema „Zwischen Bühne, Popkultur und Klassik — Der schwierige Bildungsauftrag der Musik“ gesprochen. Vor etwa 30 Gästen hat er dabei den Stand der Musikpädagogik umrissen, deren Geschichte zusammengefasst und Folgerungen daraus gezogen.

Was klar wurde: Erlach setzt sich für die Musik an sich ein, für die Erkenntnis, dass die Kunst einen Eigenwert besitzt und nicht Instrument für andere Ziele ist.

Er erklärte, dass es im Laufe der Geschichte aber auch diese Position gegeben habe: Die Erziehung mit Musik — angefangen mit Platon, der Musik als Mittel zur Erziehung des Menschen betrachtete, über die christliche Tradition, das Schulwesen Preußens bis zu den Nazis und Kommunisten, die Musik als Instrument für ihre ideologische Erziehung genutzt haben. „Das ist aber keineswegs Schnee von gestern“, sagte Erlach und verwies auf eine Studie, nach der Musikunterricht zu höherer Toleranz und Intelligenz führt und Integration erleichtert. „Das ist edel, aber unzulänglich“, sagte er.

Er ist vielmehr Anhänger der „Erziehung zur Musik“, der Vermittlung der Erkenntnis, dass Musik um ihrer selbst willen gelehrt und gelernt werden sollte. Diese Sichtweise habe im Laufe der Zeit aber auch Probleme erzeugt. Weil die Musikbildung etwa in Schulen immer mehr zu Rock und Pop tendiere, kämpfe die Kunstmusik „um ihr Überleben“. Klassik in den Unterricht zu integrieren, sei sehr schwierig für Lehrer. Gleichzeitig unterstützen Lehrer eben dieses Anliegen nicht, Unterstützung käme nur von außen, etwa von Opernhäusern oder Orchestern — „das schmerzt mich sehr“.

In der Lehrerausbildung heißt das für Erlach, dass seine Studenten alle Musikgenres lernen müssen — wenn auch ihr Eigeninteresse ernstgenommen wird. Denn nirgendwo spiele die individuelle Sozialisation so eine große Rolle wie in der Musik.