Kunst Lebende Skulpturen machen Wuppertaler Fußgängerzone zur Bühne
Performance-Marathon wird am 29. Juni die Elberfelder Innenstadt beleben – Ausstellung bietet einen Vorgeschmack davon.
Amanda Coogan ist sehr aufgeregt. „Excited“, sagt die irische Performance-Künstlerin und blickt durch den Raum der Galerie Kunstkomplex auf dem Ölberg, in dem sie gerade mit Galeristin Nicole Bardohl ihre neue Ausstellung vorbereitet. Coogans Augen leuchten, wenn sie über ihr Projekt spricht, das am 29. Juni die Elberfelder Innenstadt beleben wird. Es wird Passanten überraschen, sicher auch irritieren. Auf jeden Fall aber werden sie ihm nicht entgehen können.
Veranstaltung soll breiten Zugang zur Kunst ermöglichen
„[con]temporary Wuppertal“ heißt das Event. Zehn Performancewerke Coogans werden an diesem Tag sechs Stunden lang von Künstlerinnen gezeigt. Live und vor allem in Farbe. Beginnend am Hauptbahnhof, bespielen diese als lebende Installationen verschiedene Orte in der Elberfelder Innenstadt. Dazu gehören unter anderem der Wupperpark am Café 23, die Poststraße, der Von-der-Heydt-Platz, das Von der Heydt-Museum und der Neumarkt.
Die Idee, deren Umsetzung vom Verfügungsfonds des Projektes „InnenBandStadt“ gefördert wird, stammt von Coogans Galeristin Nicole Bardohl. Der Ansatz: eine Fußgängerzone, die zu verwahrlosen droht, als Kunstort nutzen. Dabei wolle man „dem Konsumwahn die Langsamkeit von Performancekunst entgegensetzen und die Möglichkeit bieten, einem breiten Publikum den Zugang zu Kunst zu erleichtern“. Für jeden erlebbar, direkt, kostenlos.
An diesem Samstag findet ein erster Workshop mit den zehn Künstlerinnen statt. „Mit extrem langsamen Bewegungen werden sie Stillleben schaffen“, erklärt Amanda Coogan, die als Meisterschülerin der serbischen Künstlerin Marina Abramović erst kürzlich mit einer 270-stündigen Performance in deren großer Ausstellung in „The House with the Ocean View“ in London zu sehen war.
Künstler, die sich über blaue Blasen ausdrücken. Zwillinge, die in Gebärdensprache kommunizieren. Ein Kostüm, das sich aus unzähligen Streifen zusammensetzt, die zum Teil aus goldener Rettungsfolie bestehen und durch die Luft flattern. Wobei Coogan sie nicht als Kostüme bezeichnen möchte, sondern als lebendige Skulpturen oder Kunstwerke. Straßentheater sei dies nicht, auch wenn es Elemente des Spiels und des Tanzes enthalte: „Wir haben zwar eine Geschichte, aber diese Geschichte, die wir anbieten, ist offen.“ Es sei wie bei einem Gemälde, das man sich anschaut und eigene Interpretationen schafft.
Die Performances sollen die Passanten „zu einem Fluss der Gedanken“ inspirieren. Gerade Kinder seien neugierig, wenn sie die Künstler entdecken und sich fragen, hinter welcher Ecke die nächste Überraschung versteckt ist. Die sonst in Museen übliche Regel, Exponate bitte nicht zu berühren, bricht Coogan regelmäßig. „Macht doch Spaß.“
Wuppertal sei der ideale Ort für dieses Projekt: „Ich bin in Wuppertal verliebt“, sagt die 53-Jährige, die in Dublin und Belfast arbeitet. „In die Architektur der Stadt, die markanten Straßen, den integrierten Fluss, die Schwebebahn. Wuppertal hat die DNA einer Kunststadt.“
Buchstäblich eingerahmt wird „[con]temporary Wuppertal“ durch zwei Ausstellungen. An die Performance im Juni schließt sich bis Ende September eine Open-Air-Ausstellung an: Metergroße Fotografien des Wuppertalers Ralf Silberkuhl werden sich dabei in Form von Bannern zwischen die Gebäude der Fußgängerzone spannen. Da die Performances gefilmt werden, sind sie mithilfe von QR-Codes während der Ausstellungsdauer online abrufbar. Die Stadt habe für die Genehmigung sehr hilfreich zugearbeitet, betont Nicole Bardohl.
Einen Vorgeschmack auf Coogans Werk bekommt man bereits jetzt in ihrer Einzelausstellung „The ravens brought it“ mit Zeichnungen, Fotografien und Kostüminstallationen. Die Vernissage findet am heutigen Freitag, 24. Mai, von 19 bis 22 Uhr im Kunstkomplex an der Marienstraße 19 statt – die Ausstellung ist dort bis 16. August zu sehen.
Amanda Coogan freut sich derweil auf den ersten Workshop am Samstag. Auch wenn Performancekunst durchaus als „die Rache des schüchternen Menschen“ gelten könne – fürchten müsse sich vor den Darstellungen niemand, auch nicht während der öffentlichen Proben vom 24. bis 28. Juni. Oder wie sie es in Bezug auf den Titel der zugehörigen Ausstellung ausdrückt: „All the ravens are good ones.“ Die Raben gehören zu den Guten.