Kinderhaus Luise Winnacker Ihr Motto lautet „Handeln statt beklagen“

Wuppertal · Lieselotte Winnacker-Spitzl erinnert sich an ihren Start an der Sonderschule.

Lieselotte Winnacker-Spitzl will Kindern helfen.

Foto: Fischer, A. (f22)/Fischer, Andreas (f22)

Schock und ungläubiges Erschrecken, als ich 1991 einem Notruf folgend meinen Arbeitsplatz an einer Grundschule verließ und mich in das Abenteuer „Sonderschule für Erziehungshilfe“ stürzte. Ich hatte bis dahin nie eine Sonderschule von innen gesehen.

Schnell und schonungslos wurde ich mit den unsäglichen Schicksalen der meisten Schüler vertraut gemacht, schnell und schonungslos wurde ich in einen sehr harten Schulalltag hineinkatapultiert. Pädagogische Herausforderungen waren genug vorhanden. Nach dem Motto „Handeln statt Beklagen“ und mit der Überzeugung „Das Beste ist für diese benachteiligten Kinder und Jugendlichen gerade gut genug“ machte ich mich an die Arbeit.
Jetzt, da ich diese Erinnerungen aufschreibe, habe ich die Schule wieder vor Augen: ein verkommenes Gebäude; der kleine, lieblose, asphaltierte Schulhof hinter hohen Mauern; viel zu kleine Räume, in denen sich die dort angestauten Lebensprobleme gefährlich verdichten. Lehrer, die versuchen, einen Lehrplan zu erfüllen, meist vergeblich. Schüler, deren Orientierung ihre Mitschüler sind, die ein ziemlich desolates Leben verbindet – in dem Klauen, Erpressen, Gewalt, Missbrauch, Vernachlässigung normal sind.

Vertreter der Stadt sahen zwar die Notwendigkeit einer Sanierung der Schule ein, es fehlt aber an einer Finanzierung. Empört beschloss ich, Hilfe zu holen: Professor Beiner von unserer Universität entschloss sich, mit einer Studentengruppe die Schule unter pädagogischen Gesichtspunkten zu besuchen.

Sie waren genauso entsetzt über den Gebäudezustand und starteten eine erfolgreiche Aktion: Briefe an die Verantwortlichen der Stadt, Presse, Fernsehen, Öffentlichkeit, Parteien. Ergebnis: Die Schule wurde aufwendig saniert.

Ebenso unzulänglich waren Sportmöglichkeiten: eine sehr kleine Gymnastikhalle und eine Sporthalle, die mit drei anderen Schulen geteilt werden musste. Wieder nach dem Motto: „Das Beste für diese Kinder und Jugendlichen“ wandte ich mich an den Fachbereich Sport der Uni, um die beste Sporthalle der Stadt- die Unihalle – für die Schüler zu bekommen. Schmackhaft gemacht durch mein Angebot, Lehramts-Sportstudenten Gelegenheiten zu geben, im Sportunterricht mitzuwirken. Mein Argument: „Lehrer der Allgemeinen Schulen sind die ersten, die mit Sonderschülern konfrontiert, aber nicht darauf vorbereitet werden und so aus Hilflosigkeit aussondern. Die Sportstudenten können also durch die Praxiserfahrungen nur profitieren.“

Seit mehr als 25 Jahren stellt die Universität die Unihalle für das Sportprojekt des Kinderhauses zur Verfügung. Diese weitsichtige Entscheidung kann ich gar nicht genug – mit viel Dank an alle Verantwortlichen – hervorheben.

Es gelangen weitere Kooperationen: Ich konnte sechs amerikanische Basketballer, die für einen Wuppertaler Verein spielten, an die Schule holen. Ihr positiver Einfluss auf das Verhalten der teilnehmenden Schüler war groß.

Ralf Beckmann, der damalige Direktor des Deutschen Schwimmverbands, übernahm für zwei Jahre ehrenamtlich den Schwimmunterricht. Durch Förderung der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft konnte die Schule einen Kleinbus erwerben. Ich konnte Lehramtsstudenten zur Unterstützung bei Ausflügen und Klassenfahrten gewinnen. Ein Benefizkonzert in der Schule half der Schule aus dem Schattendasein heraus.

Meine Erfahrungen damals zeigten: Veränderung ist machbar. Unser Projekt „Unternehmen Zündfunke“ im Kinderhaus Luise Winnacker e.V. zeigt seit mehr als zwanzig Jahren, dass positive und nachhaltige Veränderungen möglich sind. Wir erleben im Kinderhaus täglich sehr engagierte Lehrer, engagierte, lernwillige Lehramtsstudenten und aufblühende Schüler.